Preis für Elke Heidenreich:"Hättest du bloß die Klappe gehalten"

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Da sagt Frau dann doch nicht nein: Elke Heidenreich hat einen Medienpreis angenommen. Obwohl sie sich eigentlich für das Fernsehen schämt.

Bernd Dörries

An die Wände in den langen Gängen hatten die Menschen vom SWR mit silberner Farbe ein paar Sätze gesprüht, die Elke Heidenreich in ihrem Leben offenbar so gesagt hat. Ein halbes Dutzend von wahrscheinlich vielen Millionen. "Auch das Fernsehen will kluge Zuschauer haben und nicht nur Deppen. Insofern arbeiten wir da zusammen, das Fernsehen und ich", stand da also vor dem Fernsehstudio. Man kann das als Erinnerung lesen.

Rausgerutscht? Elke Heidenreich kritisiert das ZDF erst kündigungswürdig - um sich bei der Verleihung des SWR-Mediapreises kleinlaut dafür zu entschuldigen. (Foto: Foto: dpa)

Am Dienstagabend dieser Woche bekam Heidenreich den Hans-Bausch-Mediapreis verliehen, der an einen früheren SDR-Intendanten erinnert. Es ist keine große Auszeichnung.

Der Andrang im Studio des SWR war aber groß, weil Preisverleihungen plötzlich sehr interessant sind - nachdem Marcel Reich-Ranicki gerade den Deutschen Fernsehpreis wortreich abgelehnt und über die Qualität des Fernsehens geschimpft hatte.

Elke Heidenreich hatte anschließend die FAZ angerufen und ein paar Zeilen geschickt, die wohl vor jedem Arbeitsgericht als Kündigungsgrund durchgingen. "Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten", textete die Moderatorin der ZDF-Sendung Lesen über das ZDF.

Zu Preisverleihungen im Allgemeinen sagte sie, dass sie sich nicht "darum reiße, auf derartigen Veranstaltungen vorn zu stehen - es ist mir eher tief zuwider". Das war die Rahmenhandlung.

"Hättest du bloß die Klappe gehalten."

Elke Heidenreich ging dann Dienstagabend auf die Bühne, machte aber nicht den Eindruck, als sei ihr das zuwider. Sie teilte Dinge aus ihrem Privatleben mit, die andere nicht einmal sich selbst erzählen, berichtete davon, wie sie einst den Grimme-Preis im Grab ihrer Mutter verbuddelte. Und von Entscheidungsträgern des ZDF, die sie montags noch beschimpft hatte, forderte sie schließlich einen besseren Sendeplatz für "Lesen".

Irgendwie ist so ein Verhalten doch seltsam. Heidenreich hätte konsequenterweise kündigen können, einen anderen Schluss ließ ihre Fernsehkritik eigentlich nicht zu. Sie selbst erklärte sich in Stuttgart so: Sie gehe manchmal abends ins Bett und denke: "Hättest du bloß die Klappe gehalten. Und dann wird es wieder hell." Und alles geht wohl wieder von vorne los.

Eine Grenzgängerin, nannte SWR-Intendant Peter Boudgoust die Preisträgerin, was schon der mutigste Teil seiner Rede war. Die Debatte um Qualität im Fernsehen erwähnte er nicht. Das muss man auch erst einmal schaffen.

Schon kurios, dass es keiner der Fernsehmanager schafft, das blamierte System zu verteidigen. Sie warten wohl einfach, bis die Entrüstung sich legt. Elke Heidenreich nahm in Stuttgart ihren Preis entgegen und sagte, sie habe das alles nicht so gemeint. Die Band spielte, die Geehrte lächelte. Die Kameras haben sie längst wieder eingefangen.

© SZ vom 16.10.2008/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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