Pop:Muttersprache der Gefühle

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Das Augsburger Quintett "Friedrich Sunlight" bezaubert auf seinem Debütalbum mit federleichtem Easy-Listening-Sound und einem wundersamen Text-Universum

Von Martin Pfnür

Fragt man bei der Augsburger Band Friedrich Sunlight nach, wie es ihr denn gelinge, die Sperrigkeit der deutschen Sprache in solch weich fließende Melodien zu verpacken, so stößt man direkt zu einem Arbeitsprinzip vor, das radikal erscheint. "Die Musikalität der Texte ist uns im Zweifelsfall wichtiger als ihr Inhalt", sagt der Schlagzeuger Mark Frank. Und er erzählt von Songs, deren Textfundament anfangs nur aus einem reinen "Badababada"-Singsang, aus Silben und Vokalen besteht, die dann passgenau durch deutsche Wörter ersetzt werden. Nimmt man noch den Umstand hinzu, dass der Bandname aus einem Dada-Gedicht stammt, drängt sich womöglich der Eindruck einer gewissen Oberflächlichkeit auf, den die Band gerne fördert, indem sie sich bewusst von der Verkopftheit des deutschen Diskurs-Pop abgrenzt. Dennoch: Der Zauber dieses Quintetts, er liegt vor allem auch hier - im unbedingten Willen zur Melodie.

Der Kalifornier Kenji Kitahama (Mitte) kam der Liebe wegen nach Deutschland und landete in einer Augsburger Band. (Foto: Tapete Records)

Eben der prägt auch das selbstbetitelte Debütalbum der Band, veröffentlicht beim Hamburger Qualitätslabel Tapete Records und aufgenommen im Studio Nord in Bremen, wo auch der 2015 verstorbene Easy-Listening-Meister James Last viele seiner Songs einspielte. Zwölf Stücke finden sich darauf, sie tragen Titel wie "Hiddensee", "Sommer Samstag Abend", "Dôme du Goûter" oder schlicht "Melodie". Und sie entfalten alsbald einen speziellen musikalischen Reiz, dem man am besten mit Adjektiven wie "sonnig", "luftig", "warm", "leichtfüßig", oder "filigran" beikommt. Speist sich der Sound der Band doch gleichermaßen aus Sixties- und Seventies-Elementen zwischen Jazz-Schlager, Chanson, Soft Rock oder Easy Listening. Steely Dan, Burt Bacharach oder die Chansons eines Manfred Krug stellen hier nur eine kleine Auswahl an möglichen Referenzen für diese Musik dar, die sich stets durch ein fein ziseliertes, sanftes Wogen, eine liebliche bis melancholische Note auszeichnet. Der Sänger Kenji Kitahama, ein japanischstämmiger Kalifornier, singt dazu mit linder Stimme und charmantem, jedes "ü" zum "u" verwandelnden Akzent. Texten lässt er lieber seine Bandkollegen: über Vorort-Stenze, über Opern von Russolo und Horn-Konzerte von Strauss, über einen Freund, dessen Biografie in einer Bank in Gütersloh versandet, über den Unwillen morgens um "Drei nach zehn" aufzustehen oder im Sommer ans Meer zu fahren.

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Wunderbar eigenwillig kommt all das daher, was nicht zuletzt wohl auch damit zu tun hat, dass da einer singt, der eine andere Muttersprache spricht. "Ich empfinde bei den Texten nichts", erklärt der 2005 der Liebe wegen nach Deutschland gezogene Kitahama, den es über die Umwege München und Berlin nach Augsburg verschlug, wo er auf seine heutigen Bandkollegen traf. "Ich versuche mehr durch die Melodik des Gesangs zu transportieren, was ich fühle", fügt er an. Kein Wunder also, dass hier eine wunderbar tiefsinnige Beziehungskrisen-Zeile wie "Wenn am Anfang alles richtig war, wieso ist's dann nicht mehr gut, dass ich bin so wie ich bin so wie ich war?" fast schon wieder fröhlich klingt. Die Melodie, sie steht bei Friedrich Sunlight nun mal an erster Stelle.

Friedrich Sunlight , Sonntag, 16. April, 20.30 Uhr, Import Export, Dachauer Straße 114

© SZ vom 15.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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