Pop:Japanisches Kraftwerk

Lesezeit: 2 min

"Minami Deutsch" stellen ihr Debütalbum in der Milla vor

Von Jürgen Moises, München

Wenn das japanische Wort "Minami" auf Deutsch "Süden" heißt, dann könnte man den Bandnamen Minami Deutsch doch eigentlich mit "süddeutsch" oder, wieso nicht gleich, mit "bayrisch" übersetzen. Okay, das mag doch eine Winzigkeit zu schnell gedacht sein. Denn nur, weil drei Japaner Krautrock spielen, muss man sie nicht gleich komplett hier eingemeinden. Und tatsächlich ist ja gerade der Kontrast das Spannende, dass eine aktuelle japanische Band einen auf Can und Neu!, auf Kraftwerk, Faust und Amon Düül II macht. Genau das tun Minami Deutsch auf ihrem gleichnamigen Debütalbum, das im vergangenen Jahr erschienen ist und das die drei Japaner nun auf ihrer ersten Europatour in der Milla vorstellen.

Minami Deutsch, das sind Kyotaro Miula an Gitarre, Mikrofon und Synthesizer, Tatsuhiko Rauschenberg an der Gitarre und Takuya Nozaki am Schlagzeug. Drei junge Männer, die, wie man erfährt, sehr gerne Krautrock und Minimal Techno hören und diese Vorliebe seit 2014 gemeinsam als Band ausleben. Gründer und Kopf der Band ist Kyotaro Miula, er hat die sechs Songs auf dem Album geschrieben, er hat es gemixt und auch gemastered. Veröffentlicht wurde es beim Label Guruguru Brain, das seinen Sitz in Tokio und Amsterdam hat und auf Underground aus Asien spezialisiert ist.

Dass Japaner Krautrock-kompatibel sind, das hat bereits Damo Suzuki bewiesen. Der gebürtige Japaner wurde der Legende nach 1970 von Holger Czukay und Jaki Liebezeit in München als Straßenmusiker entdeckt und sang dann vier Jahre lang bei Can. Minami Deutsch führen auf ihrem Debüt dieses Erbe weiter. "Vocalization Ai - Takemitsu Forever" beginnt mit elektronischem Gefiepe, dann setzt ein motorischer Rhythmus aus Beats, Bass und Atemgeräuschen ein, der von Gitarren- und Synthiesounds zunehmend überlagert wird. "Futsu Ni Ikirenai" ist ein neunminütiger, psychedelischer Trance-Song mit japanischem Sprechgesang, in den irgendwann ein bratzeliges Gitarrenriff reinfährt. Aus dem luftigen "Terra Recipe" hört man deutliche Kraftwerk-Einflüsse heraus.

Auch "Sunrise, Sunset" hat mit seiner lieblichen Gitarrenmelodie etwas Leichtes. Der Song "Übergleich, Pt. I" driftet in gitarrenlastige Spacerock-Gefilde ab, während das geschwisterliche "Übergleich, Pt. II" eher getragen, meditativ klingt: mit abermals motorischen Beats und der sanften, monotonen Stimme von Kyotaro Miula, der diesmal englisch singt. Insgesamt wirkt das Ergebnis tatsächlich so, als hätte man ein verschollenes Neu!- oder Faust-Album entdeckt. Wobei es dann doch nicht vollkommen gleich, sondern eben "übergleich" klingt. Das heißt: Die Japaner kopieren nicht nur, sondern drehen, wie man es auch von anderen Beispielen kennt, auf ihre Art die Schraube noch ein bisschen weiter. Das kommt auf dem Album ziemlich gut. Und live sollen die Japaner noch etwas besser sein.

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Minami Deutsch , Samstag, 30. September, 20.30 Uhr, Milla, Holzstr. 28

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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