Pop:Auf die krumme Tour

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Fünf Mann in einem Korb: Christian Radojewski, Tobi Koark-Haberl, Matze Brustmann, Andi Haberl, Benny Schäfer (v.l.). (Foto: Millaphon)

Die Münchner Band "Balloon Pilot" darf einen Song ihres aktuellen Albums in Ina Müllers NDR-Sendung spielen

Von Michael Zirnstein

Welchen Song nimmt man, wenn man einen einzigen im Fernsehen spielen darf? Balloon Pilot haben ja nun nicht den einen Hit für den ZDF-Fernsehgarten, und wer würde die liebenswert scheue Band dort verramschen wollen. Aber auf ihrem zweiten Album "Eleven Crooked Things" (Millaphon Records) gibt es eben elf sanft verbogene Lieder in der Songwriter-Kunst von Simon & Garfunkel, Beatles, Elliott Smith bis hin zur "Quiet is the new loud"-Bewegung um die Kings Of Convenience, so heimelig und doch aufwühlend, wie geschaffen fürs Tresenprogramm "Inas Nacht". Dorthin, in die älteste Seemannskneipe am Hamburger Fischmarkt, hat der von Ina Müller zum Schnack gebetene Fußballexperte und Pop-Kenner Mehmet Scholl Balloon Pilot wie ein stolzer Papa mitgebracht: "Meine Jungs aus München." Ihren "Comfort Song" hat der Millaphon-Mitbetreiber schon auf dem aktuellen "Schollplatten"-Sampler zu seinen aktuellen Lieblingsliedern aus der weiten Pop-Welt gepackt, das sei "einfach Musik zum Zurücklehnen und Genießen".

Vielleicht war den fünf Musikern der folkig perlende "Comfort Song" über das Unbehagen mit der Welt klanglich dann doch zu bequem für den Auftritt im NDR. Jedenfalls wollten sie lieber "Recently" spielen, "das wir ja live gern ausführlich ins Chaos stürzen", erklärt Matthias Brustmann, Singer-Songwriter der Band. "Aber da ist man halt auf dreieinhalb Minuten begrenzt." Insofern hätte sich "Golden Leaves" geeignet. Die Nummer schwingt sich nach einem soften Start auf und reißt den Hörer in 2:36 Minuten durch einen Ballon-Höhenflug mit allem drum und dran: warme Luft, kratzige Böen, Schönwetterfenster in den Wolken, Donnerdruck, Blitzknistern, über allem die besänftigende Stimme des Piloten, und nach der Landung ein Bläser-Riff, das einem fortwährend die Hand zum Abschied gibt, als wolle sie nicht loslassen.

Darin steckt die Hingabe von fünf Männern Mitte 30 bis Anfang 40, die seit Schulzeiten miteinander durch Punk-, Folk-, Jazz- und Partybands gegangen sind und zum Teil Größen ihres Fachs wurden, wie der Doldinger- und Notwist-Drummer Andi Haberl. "Golden Leaves" zeigt mit Mathias Götz an der Posaune auch, wie sich die Freunde dem Klang zuliebe Gästen öffnen, in "I Won't Let Go" etwa dem New Yorker Sirius Quartet.

Ebenso hätte "Golden Leaves" den Dichter Brustmann repräsentiert, der wie ein Herbstblatt durch die Welt taumelt. Er sei dieses "crooked thing", das krumme Teil im Weltenpuzzle. Aber schließlich entschieden sie sich für das bezaubernde "Handshakes" - eh egal, Balloon Pilot hätten mit jedem der elf Songs gewonnen.

Balloon Pilot, "Eleven Crooked Things" (Millaphon Records); Auftritt bei "Inas Nacht", Sa., 30. Juli, 23.30 Uhr, NDR Fernsehen

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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