Politische Geschichte:Kampf für die Freiheit

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Das Leben des amerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King als Kämpfer gegen die Rassentrennung.

Von Matthias Drobinski

Da ist Martins Freund aus der Nachbarschaft, oft haben sie miteinander gespielt. Jetzt sind sie in der Schule, Martin in der für die schwarzen Kinder, der Freund in der für die weißen. Seitdem darf das weiße Kind nicht mehr mit schwarzen spielen, Martin ist untröstlich. Es ist die erste Begegnung des behüteten Pfarrerskindes Martin Luther King mit dem Rassismus und der Rassentrennung, die in den Südstaaten der USA allgegenwärtig ist, in den 1930er- wie in den 1950er-Jahren. In Parks, Schwimmbädern, Bussen sind Schwarze von Weißen getrennt, wobei den Schwarzen immer die schlechteren Plätze und Orte bleiben. Ermordet ein Weißer einen Schwarzen, kann er mit Milde rechnen, Straftaten von Schwarzen werden dagegen mit gnadenloser Härte verfolgt.

Alois Prinz, der schon einige hervorragende historische Porträts für Jugendliche geschrieben hat, zeichnet den Weg des Pfarrerskindes zum gewaltlosen Kämpfer gegen die Rassentrennung und zum Friedensnobelpreisträger nach, zum weltweit verehrten und trotzdem im eigenen Land abgrundtief gehassten Vorbild, der mit der Kraft des zivilen Ungehorsams, seiner Sprachgewalt und seiner Konsequenz die Welt verändert hat. Er macht dabei keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den Porträtierten, der dieses Jahr 90 Jahre alt geworden wäre; widersteht aber der Versuchung, eine Heiligengeschichte aufzuschreiben. Das macht das Buch lesenswert auch für Erwachsene. Die Schwäche des Buches ist allenfalls, dass es keine Fotos bringt: Es brachte ja gerade die Macht der Bilder der Bürgerbewegung den Erfolg.

Als in Montgomery im Bundesstaat Alabama sich im Dezember 1955 die Näherin Rosa Parks weigert, ihren Platz im Bus für einen Weißen freizumachen, da zögert der erst 25 Jahre alte Baptistenpastor Martin Luther King, sich den Protesten anzuschließen: Er ist noch neu hier, gerade Vater geworden, und soll er wirklich die Ordnung missachten, für deren Respekt er doch einzutreten hat? Er überwindet sich - und ist mit seinem Charisma und seiner Redebegabung bald Anführer der Bewegung, die mit ihrem hartnäckigen Busboykott die Stadtverwaltung zum Nachgeben zwingt.

Den hasserfüllten Gegner nicht hassen, den gewalttätigen Staat mit Gewaltlosigkeit demaskieren, Regeln brechen, um dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen - das verunsichert die Staatsgewalt zutiefst. Doch der Preis für King ist hoch: Er wird beschimpft und mit Steinen beworfen, es gibt mehrere Versuche, ihn umzubringen. Immer wieder kommt er ins Gefängnis. Seine Frau Coretta und seine vier Kinder sieht er nur selten. Auch innerhalb der schwarzen Bürgerrechtsbewegung gibt es Kritik: Hilft gegen die Gewalt der Rassisten nicht nur Gegengewalt? Ist der Medienstar King nicht längst abgehoben? Kings Kraftquelle gegen alle Widerstände und Zweifel ist sein Glaube. Nach seinem ersten Gefängnisaufenthalt sitzt er nachts verzweifelt in der Küche - da habe er auf einmal die Gegenwart Gottes gespürt, berichtet er. Und die Angst sei verschwunden gewesen.

Höhepunkt des Buches ist Kings prophetische "I have a dream"-Rede vom 28. März 1963. Fünf Jahre hat er da noch zu leben; 1968 erschießt ihn ein Killer, King wird nur 39 Jahre alt. Was bleibt vom Traum? Dass man gewaltlos die Welt verändern kann, schließt Prinz. Das kann man für sehr pädagogisch halten. Widersprechen mag man nicht.

Alois Prinz : Das Leben des Martin Luther King. Gabriel Verlag, Stuttgart 2019. 254 Seiten, 17 Euro.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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