Opernfestspiele:Popcorn im Programmkino

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Liebe und Lichtspiele: Edwin Crossley-Mercer als Rodomonte und Adela Zaharia als Angelica. (Foto: Wilfried Hösl)

Premiere: Joseph Haydns Oper "Orlando Paladino"

Von Egbert Tholl, München

Nach der Uraufführung seiner Oper "Orlando Paladino" auf Schloss Esterhazy wurde Joseph Haydn gefragt, ob er nicht so eine lustige Oper für ein anderes Theater schreiben könne. Darauf soll er geantwortet haben, dass seine Stücke nur an diesem Ort vorstellbar seien und man doch lieber Mozart fragen solle, der könne das mit den lustigen Opern viel besser als er. Haydn war ein kluger Mann, der in der Pannonischen Tiefebene seinen Fürsten bespaßte und ihm im Jahre 1782 ein Stück vorsetzte, das zum allergrößten Unsinn gehört, der je unter dem Signum Oper aufgeführt wurde, gleichwohl aber übervoll ist mit ganz und gar herrlicher Musik.

Nun unterhält die Bayerischen Staatsoper damit ihre Kunden, im Prinzregententheater, wo traditionsgemäß die zweite Premiere der Opernfestspiele stattfindet; ein Sommerspaß ohne große Folgen, das Ding erlebt gerade mal eine Handvoll Aufführungen, dann ist es erst einmal weg und auch emotional, intellektuell, physisch, psychisch und überhaupt bleibt nichts hängen. Außer die Erinnerung an einige sängerische Glanzleistungen, das wunderbar aufspielende Münchener Kammerorchester und eine extrem aufwendige und dabei komplett nutzlose Inszenierung.

Nein, halt. Das Publikum lacht sich scheckig. Wenn man nicht miesepetrig einen Grund sucht, weshalb man in die Oper geht und mehr erwartet, als sich dreieinhalb Stunden veräppeln zu lassen, dann wird man gut bedient. Am besten zwitschert man sich vorher einen an, dann merkt man vielleicht nicht mehr, dass in dieser Oper nichts zusammenpasst. Haydn komponierte eine Buffa mit plappernden Komikern, eine ernste Oper mit schrecklich leidenden Menschen, und was er mit den Händen aufbaut, reißt er mit dem Po wieder ein. Will sagen, die Arien und Ensembles, für sich allein oft fabelhaft erfunden, nivellieren sich in Wirkung und Gehalt, da können Ivor Bolton und das Münchener Kammerorchester noch so elegant, dynamisch und farbenfroh Musik machen.

Man kann hier jede Szene der drei Akte an eine andere Stelle setzen, niemand würde es merken. Das nutzt Axel Ranisch für die große, holpernde Sause und macht im Programmkinoambiente von Falko Herold dann wirklich, nun ja, großes Kino. Fleißig hat er Filme gedreht, das Bühnen- und Kinopersonal hüpft aus diesen heraus und wieder hinein, "Purple Rose of Cairo", Kino ist Sehnsucht und Traum, Realität heißt, Popcornmaschine putzen. Also lieber Ritter, egal wie blöd die sind. Zwei von denen, Rodomonte und Orlando, Edwin Crossley-Mercer und Mathias Vidal, wollen sich ständig hauen, weil sie, absolut verstehbar, dieselbe Frau, Angelica (Adela Zaharia), lieben, die sich aber überhaupt nichts aus beiden macht, sondern Medoro (Dovlet Nurgeldiyev) liebt, der sie auch, aber dennoch verlassen sie sich andauernd. Dann kommt die super Zauberin Alcina (Tara Erraught) und richtet alles. Mehrfach.

Daneben gibt es das niedere Paar, das vor allem deshalb dabei ist, weil Elena Sancho Pereg einfach nur bezaubernd ist und David Portillo ein Stimmakrobat höchster Güte, und zwei Schauspieler. Dem Paar gehört das Programmkino und die männliche Hälfte sorgte wohl dafür, dass sich der Regisseur bei den Proben physiognomisch nicht allein fühlte. Ne, im Ernst, der ist prima. Wie fast alle hier. Nur darf man halt nicht nachdenken und braucht viel Geduld.

© SZ vom 25.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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