Nobelpreis für Orhan Pamuk:"Ich muss mich erst einmal frischmachen"

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Wie Orhan Pamuk von der Zuerkennung des Nobelpreises erfuhr.

Thomas Steinfeld

Es ist acht Uhr zehn in New York, als wir Orhan Pamuk erreichen. Er hält sich dort auf, weil er für dieses Wintersemester eine Gastprofessur an der Columbia University übernommen hat und am Institut für Vergleichende Literaturwissenschaft eine Vorlesung über ,,Säkularität und Vielfalt im globalen Denken'' hält.

"Ich frage mich natürlich, wie man in der Türkei reagieren wird. Wird man stolz auf mich sein?" fragt sich Orhan Pamuk. (Foto: Foto: ddp)

SZ: Herzlichen Glückwunsch, Orhan Pamuk. Wie geht es dem künftigen Nobelpreisträger?

Orhan Pamuk: Oh, ich weiß nicht recht. Ich bin nervös, befangen, ich bin mir noch gar nicht im Klaren darüber, was ich nun tun soll. Wird es jetzt nicht furchtbar bürokratisch werden?

SZ: Das wissen wir nicht. Aber wir vermuten, dass für Nobelpreisträger überall rote Teppiche ausgelegt und Berge abgetragen werden. Wann haben Sie die Nachricht empfangen?

Um zehn vor sieben klingelte das Mobiltelefon. Die Akademie muss die Nummer über meine Agentur herausbekommen haben. Horace Engdahl, der Ständige Sekretär der Akademie, war am Apparat. Sehr höflich, sehr formell, sehr korrekt. Und ich habe natürlich geantwortet, dass ich mich sehr geehrt fühle. Aber ich befand mich fast noch im Bett.

SZ: Warum sind Sie denn nervös?

Pamuk: Die Situation ist neu für mich, wie könnte es auch anders sein? Und ich frage mich natürlich, wie man in der Türkei reagieren wird. Wird man stolz auf mich sein?

SZ: Oh ja, wir glauben schon. Als Nobelpreisträger befindet man sich doch auch über den Dingen, jenseits der Streitigkeiten des Alltags.

Pamuk: Ja, wenn das so ist. Ich glaube, ich muss mich erst einmal ein wenig frischmachen, bevor ich nach draußen treten kann. Aber es klingelt ja dauernd das Telefon.

© SZ vom 13.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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