Neues über Wasser und Erde:Ein Auge so groß wie ein Fußball

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Exkursionen in geheimnisvolle Tiefen - Das Leben in den Weltmeeren und im Inneren der Erde. Mit eindrucksvollen Bildern in einem Buch zum Wenden.

Von Katrin Blawat

Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski: Unter der Erde . Tief im Wasser. Aus dem Polnischen von Thomas Weiler. Moritz Verlag, Frankfurt. 112 Seiten, 29 Euro. (Foto: Verlag)

Auf den ersten Seiten wirkt alles noch sehr vertraut. Menschen sitzen am Badesteg oder dümpeln in ihrem Boot am Schilfufer entlang, einige Meter unter ihnen schwimmen Karpfen, Barsche und die kleinen Rotaugen. Nur ein paar Seiten weiter geht es dann aber schon ordentlich zur Sache. Wie der Wasserdruck entsteht, was er für den Bau von U-Booten bedeutet und wie man der gefürchteten Taucherkrankheit entgehen kann, erklärt und zeigt das polnische Autoren- und Illustratorenpaar Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski mit großer Sorgfalt und ohne jede Furcht, ihre jungen Leser trotz detaillierter Informationen zu überfordern.

Dabei setzen sie auf ein ungewöhnliches Konzept: Mit "Tief im Wasser . Unter der Erde" bieten sie zwei Sachbücher in einem. Je nachdem, wie herum man das Buch aufschlägt, taucht man zuerst immer tiefer ein in die Unterwasserwelt oder aber bohrt sich von der Erdoberfläche Meter für Meter hinab ins Erdreich. In beiden Fällen präsentieren die Autoren die tierischen Bewohner und die Technik, mit der Menschen die fremden Welten erforschen, in kurzen, prägnanten Texten und ebensolchen Zeichnungen. In der Mitte des Buches stoßen dann der Meeresgrund und der Erdmittelpunkt aufeinander. Für den Leser heißt das: Buch umdrehen und sich abermals von oben nach unten durchlesen - oder sich einfach an den klaren Illustrationen erfreuen. Während sich die Texte an Kinder von etwa sieben Jahren an richten, haben auch Jüngere Freude an den Zeichnungen und dürften an der mit der Tiefe immer dunkler werdenden Farbgestaltung intuitiv spüren, wie nah oder weit entfernt von der Wasser- oder Erdoberfläche sie sich gerade umschauen.

Wer von der Wasseroberfläche hinab steigt, streift zum Beispiel die bunte Welt eines Korallenriffs, in dem sich Arten tummeln wie der Schwarm-Wimpelfisch, der Weißkehl-Doktorfisch und der Orangestreifen-Drückerfisch. Lässt man sich noch tiefer hinab, stößt man auf einen 260 Kilogramm schweren Tauchanzug. Ihn haben die französischen Brüder Carmagnolle 1882 nach dem Vorbild einer Ritterrüstung entwickelt - mitsamt nahezu unbeweglicher und leider auch wasserdurchlässiger Gelenke. Die Kuriosität dieser Erfindung würdigen die Autoren, indem sie dem unbrauchbaren Tauchanzug eine ganze Doppelseite einräumen und so ihr Prinzip der ansonsten kleinteiligen, an ein Wimmelbuch erinnernden Illustrationen durchbrechen. Auch der bis zu zehn Meter lange Koloss-Kalmar bekommt reichlich Platz zur Selbstdarstellung, schließlich kann allein sein Auge so groß wie ein Fußball werden.

Von ihm ist es nicht mehr weit bis zu den rauchenden Tiefseeschloten und dem Marianengraben im Pazifik, dem tiefsten Punkt der Weltmeere. Damit aber endet nur dieser Teil des Buches, und der zweite - vielleicht seltener in Kinderbüchern thematisierte - lädt zu einer ähnlichen Entdeckungsreise ein. Unter der Erde geht es beispielsweise um so verschiedene Aspekte wie die Architektur eines Dachsbaus, essbare Knollen und Wurzeln, die Aufbereitung von Leitungswasser und schließlich zum 600 Grad heißen Erdkern. Egal, ob sich jemand lieber über Texte oder Illustrationen informiert, sich mehr für Tiere und Pflanzen oder für Technik begeistert - so lange er nur zu einer gedanklichen Erkundungstour aufbrechen will, ist ihm dieses ungewöhnliche Sachbuch der beste Reiseleiter. (ab 7 Jahre)

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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