Netzkolumne:Plaudern mit dem Lautsprecher

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Nach Amazon und Google hat nun auch Apple in diesem Sommer einen intelligenten Lautsprecher vorgestellt. Die Assistenten werden behandelt wie ein Kumpel und könnten in Zukunft Displays ersetzen.

Von Michael Moorstedt

In der vergangenen Woche beging der Onlinehändler Amazon seinen eigenen privaten Feiertag. Am sogenannten Prime Day haben die Kunden des Konzerns die Chance auf Konsum ohne Reue, oftmals versüßt mit satten Rabatten. Besonders beliebt waren in diesem Jahr Echo-Produkte, intelligente Lautsprecher also, in denen ein digitaler Assistent verbaut ist. "Tausende Geräte pro Sekunde", so das Unternehmen, wurden geordert.

So viel Erfolg schafft auch Arbeitsplätze, und deshalb geisterte in den letzten Tagen auch eine eher ungewöhnliche Stellenanzeige durch deutsche Journalistenforen und Medienportale. Gesucht wurde ein Alexa-Redakteur, ein Mensch also, der dem Computerprogramm ein paar durchdachte Zeilen schreibt. Ein Ghostwriter für den Geist in der Maschine - in Zeiten der permanenten Medienkrise gab es schon mal weniger attraktive Jobbeschreibungen.

Geräte dieser Art sind enorm erfolgreich. Nach Amazon und Google hat nun auch Apple in diesem Sommer einen intelligenten Lautsprecher vorgestellt, der mittels Sprachbefehlen bedient wird. Die Geräte sollen in den Wohnungen ihrer Nutzer als persönliche Assistenten fungieren. Immer verfügbar und beinahe allwissend. Nicht nur deshalb sind sich Experten sicher, dass der Computer in den nächsten Jahren verschwindet. Durch die Sprach-Steuerung wird er unsichtbar sein und doch allgegenwärtig. Statt eines Displays gibt es dann eine Stimme aus dem Äther.

Die unterschiedlichen Unternehmen haben auch sehr unterschiedliche Vorstellungen, wie diese Zukunft aussehen - oder besser, wie sie sich anhören wird. Sachlich-servil mit körperloser Roboterstimme wie bei Googles Assistent? Oder doch eher schnippisch und mit der Stimmaufzeichnung eines Menschen ausgestattet wie bei Apples Siri?

Das Gerät wird zum Kumpel, irgendwo zwischen Butler und Haustier

Gerade der Charakter des Assistenten wird immer wichtiger. Die Programme sollen eben nicht nur schnöde Wissensmaschinen sein. Apples Siri kann zwar auf Befehl ein paar Zeilen aus Goethes Balladen rezitieren und Witze mit reichlich Fremdschämpotenzial erzählen - an einer wirklichen Unterhaltung scheitert die Software aber noch. Wäre man in Deutschland als Alexa-Redakteur noch ein Pionier, beschäftigen die großen Tech-Konzerne in den USA deshalb mittlerweile ganze Autorenteams, die den Assistenten glaubwürdige Persönlichkeiten verpassen sollen. Diese sind im Übrigen bis auf wenige Länder wie Frankreich oder Großbritannien ab Werk mit weiblichen Stimmen versehen. Apple hat Siri, Amazon Alexa und Microsoft die einem populären Videospiel entliehene Cortana.

Wie also wird das Leben mit den unsichtbaren Gehilfen aussehen? Psychologische Studien zeigen, dass es beginnender Vereinsamung bereits entgegenwirken kann, wenn in der eigenen Wohnung ein digitaler Assistent existiert. Das Gerät als Kumpel, irgendwo zwischen Butler und Haustier. Aber wie immer schlägt die Nadel auch in die andere Richtung aus. Schon heute gibt es massenhaft Videos auf Youtube, die zeigen, wie Nutzer ihre Assistenten anherrschen und herumkommandieren. Ein Computer wird eben nicht um einen Gefallen gebeten. Es gibt bereits Eltern, die besorgt sind, dass ihre Kinder durch den rüden Ton, der gegenüber den Maschinen an den Tag gelegt wird, schlechte Manieren bekommen. So offenbart die Art und Weise, wie Menschen mit der immer noch neuen Technik umgehen, mal wieder mehr über sie selbst als über die Maschine.

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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