Ein schwüler Nachmittag in Miami Beach, die Stadt wirkt seltsam menschenleer. Obwohl gerade Nebensaison ist, bleibt unverkennbar: Florida leidet unter der Krise, die Leute bleiben weg, im Pool der gerade eröffneten mächtigen Dependance des Designhotels "W" schwimmen bloß tote Palmenblätter. Oben, in der achten Etage, sitzt Nelly Furtado auf dem Balkon ihrer Ecksuite und schaut aufs Meer. Furtado ist noch kleiner, ihre Zähne sind noch weißer gebleacht als erwartet, aber die größte Überraschung ist ihr Lachen: ziemlich laut und ziemlich gackerig. Andere Popstars hätten sich das längst abgewöhnt. Das macht es erst recht bemerkenswert.
In Nelly Furtados neuem Album geht es um "Liebe und Alltag".
(Foto: Foto: AP)SZ: Frau Furtado, Ihre Plattenfirma teilt mit, Ihr neues Album handelt von Liebe und Alltag.
Nelly Furtado: Klingt merkwürdig, nicht?
SZ: Gar nicht. Worüber wollen wir also zuerst reden, Liebe oder Alltag?
Furtado: Wenn ich mich nur zwischen diesen zwei Dingen entscheiden darf, dann natürlich: Alltag. Aber sind Sie sich sicher, dass der so spannend ist?
SZ: Sonst hätten Sie doch keine halbe Platte damit vollgesungen, oder?
Furtado: Und zwar auf Spanisch. Portugiesisch ist die Sprache meiner Eltern, Englisch die meines Heimatlandes Kanada, Spanisch also eigentlich meine erste Fremdsprache. Ich habe in den letzten Jahren nur Songs auf Englisch geschrieben, aber irgendwann kam ich nicht weiter: Ich konnte gewisse Gefühle nicht ausdrücken. Was folgte, war eine Schreibblockade. Ein Ausweg erschien mir, es in einer anderen Sprache zu probieren. Schon vor drei Jahren, zu der Zeit meines letzten Albums "Loose", hatte ich angefangen, mal auf Spanisch zu singen. Als ich das dann ernsthaft anging, fühlte ich mich wie ein Maler, der plötzlich eine völlig neue Farbpalette zur Verfügung hat.
SZ: Was bedeutet es für Ihren Alltag, berühmt zu sein?
Furtado: Dass ich einen Haufen Hüte und Sonnenbrillen besitze. Zur Maskerade.
SZ: Sie waren 21, als Sie im Jahr 2000 gleich mit Ihrem ersten richtig eigenen Lied "I'm Like A Bird" weltweit bekannt wurden. Ein Schock?
Furtado: Zum Glück lagen schon ein paar Jahre hinter mir, in denen ich von mir behaupten konnte: Ich bin Musikerin. Oder: Ich werde Musikerin. Ruhm war nie meine Sehnsucht, Platten aufzunehmen schon. Vom Ruhm begriff ich intuitiv, dass die öffentliche Person, die ich nach "I'm Like A Bird" wurde, ein Eigenleben entwickeln würde in der Vorstellung der Menschen. Und dass man mit dieser Figur spielen konnte. Ich bekam aber auch eine Idee von dem, was es bedeutet, als Vorbild betrachtet zu werden. Es wächst einem plötzlich Verantwortung zu.
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