Nachruf:Zum Tod von Carol Brown Janeway

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Mit unbändiger Energie hatte sie sich eine Ausnahmestellung in der Verlagswelt erarbeitet: Am Montag ist Carol Brown Janeway, die große Dame der New Yorker Verlagsszene, gestorben.

Von Detlef Felken

Wer sie kennenlernte, der konnte sich leicht eingeschüchtert fühlen von ihrem selbstbewussten Auftreten, ihrem scharfzüngigen Witz und ihren dezidierten Urteilen. Carol Brown Janeway hatte sich mit unbändiger Energie eine Ausnahmestellung in der Verlagswelt erarbeitet, die weit über ihre ohnehin schon wichtige Position als Foreign-Rights-Chefin und Lektorin bei Alfred Knopf, einem der größten und angesehensten New Yorker Verlage, hinausging. Von ihrem Büro am Broadway aus dirigierte sie nicht nur die weltweiten Lizenzgeschäfte ungezählter Bestseller. Von hier aus unterhielt sie auch ein beeindruckendes Netzwerk von Freundschaften in den USA und ganz Europa.

In Edinburgh geboren, kam Janeway nach einem Studium der modernen und mittelalterlichen Sprachen in Cambridge 1970 nach New York und zu Knopf. Mit ihrem Mann Erwin Glickes, dem 1994 verstorbenen Verleger von Basic Books und The Free Press, teilte sie die konservative Grundhaltung und die Fähigkeit, anspruchsvolle Sachbücher in strahlende kommerzielle Erfolge zu verwandeln. Daniel J. Goldhagens "Hitlers willige Vollstrecker" wäre ohne ihre Marketingfähigkeiten wohl nicht der - kontroverse - Welterfolg geworden, zu dem sie ihn gemacht hat. Wie alle großen Verlegerpersönlichkeiten folgte sie ihrem Instinkt und ihren Passionen; "Verlegen hat leider nicht viel mit Demokratie zu tun", lautete einer ihrer Lieblingssätze, und damit meinte sie, dass Verleger bereit sein müssen, Wagnisse einzugehen, die nur durch ihren Intellekt und ihr Gespür gedeckt sind.

Über alle wichtigen Vorgänge in der deutschen Verlagsbranche war sie besser informiert als die meisten deutschen Kollegen. Eine Teestunde mit ihr im Hessischen Hof auf der Buchmesse ersetzte mühelos die Lektüre eines Jahrgangs der Branchenpresse. Enthusiasmus für die Arbeit ihrer Freunde wie Michael Krüger, Karl Blessing oder Roberto Calasso bestimmte dabei ebenso das Bild wie eine ausgeprägte Abneigung gegen Manager, die nach ihrer Ansicht in den Verlagen nur Unheil anrichteten. "Verlage managen sich nicht aus einer Krise", kommentierte sie die Querelen um Suhrkamp, "sie verlegen sich aus der Krise".

Fast nebenher hat sie in den Ferien in ihrem Sommerhaus in Upstate New York Autoren wie Patrick Süskind, Bernhard Schlink, Thomas Bernhard oder Daniel Kehlmann übersetzt und nicht wenige von ihnen in den USA zu Bestsellerautoren gemacht. Stets hat sie dabei nicht nur den Text betreut, sondern den Autor gleich mit. Carol Janeway gab es nur "all inclusive". Es war, als sei sie schon immer da gewesen und als würde sie immer da sein. Ein funkelnder Fixstern am ewig sich wandelnden Bücherfirmament. Nun ist die große Dame der New Yorker Verlagsszene nicht mehr da. Eine heimtückische Krankheit hat Carol Brown Janeway am Montag aus dem Leben gerissen. Zahllose Freunde in der internationalen Verlagswelt trauern um sie.

Detlef Felken ist Cheflektor des Verlags C.H. Beck in München.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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