Nachruf:Soulsänger James Ingram ist tot

James Ingram startete seine Karriere Anfang der Siebziger, nachdem er sich das Klavier-, Gitarre-, E-Bass- und Schlagzeugspielen selbst beigebracht hatte. (Foto: Walter McBride/imago/MediaPunch)

Es gibt zwei Arten von Soulsängern. Die einen kämpfen für Wahrheit und Gerechtigkeit. Die anderen lassen das Allheilmittel Liebe wie eine warme Dusche auf ihre Hörer regnen. James Ingram gehörte zu letzteren.

Von Jonathan Fischer

Es gibt zwei Arten von Soulsängern. Die einen nutzen die Kraft des Gospel, um die Welt als besseren Ort zu imaginieren, für Wahrheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Die anderen lassen das Allheilmittel Liebe wie eine warme Dusche auf ihre Hörer regnen. James Ingram gehörte zu letzteren. Der aus Ohio stammende Soulsänger klang so wie sich Handschmeichler anfühlen. Vor der drohenden Seichtheit aber rettete ihn seine Stimme: Stets kontrolliert, konnte Ingram in den richtigen Momenten emotional aufdrehen, das Feuer unter der kühlen Oberfläche heraufbeschwören. "Just Once", "I Don't Have The Heart", oder das 1982 Grammy-gekrönte "One Hundred Ways" spielen bis heute die Radiostationen nicht nur Amerikas, sie passen schließlich perfekt ins sogenannte "Quiet Storm"-Format: sanfte, großartig polierte Grooves. Letztere besorgte vor allem Quincy Jones. Er hatte den einstigen Keyboarder von Ray Charles 1981 als Sänger für sein Album "The Dude" engagiert, nachdem er dessen Stimme auf einem 50-Dollar-Demo gehört hatte. Ingram zögerte damals, das Angebot anzunehmen, er fühlte sich nicht geboren fürs Rampenlicht. Ein gutes Dutzend Top-20-Hits widerlegten ihn. Nicht nur schrieb er mit Jones den Michael-Jackson-Hit "P.Y.T. (Pretty Young Thing)". Auch Patti Austin, Linda Ronstadt, Dolly Parton und Barry White schätzten ihn als Duett-Partner. Am Montag ist der Sänger an den Folgen eines Gehirntumors gestorben. Er wurde 66 Jahre alt.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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