Nachruf:König der Albernheit

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Marcel Gotlieb wurde 1934 in Paris als Sohn rumänisch-jüdischer Exilanten geboren. Nun ist der unter seinem Pseudonym Gotlib berühmte Comiczeichner gestorben.

Von Joseph Hanimann

Unter den Comic-Humoristen gehörte Marcel Gotlieb, bekannt als Gotlib, zu der Sorte, bei welcher das Lachen zum Lachen übers eigene Lachen wird. Dieser Schuss Selbstparodie mag mit der Biografie des 1934 in Paris geborenen Gotlib zu tun haben. Seine Eltern waren ungarisch-rumänische jüdische Immigranten. Der während des Krieges inhaftierte Vater verlor bei der Registrierung im Zwischenlager von Drancy ein "t" seines Namens und in Buchenwald das Leben. Der in einem französischen Waisenheim aufgewachsene Sohn beließ es, als er 1962 im Comicmagazin Vaillant anfing, beim Nachnamen.

Der Hamster Jovial, der schwermütige Hund Gai-Luron und das meiste übrige Personal entstanden in jenen frühen Jahren. Einflüsse kamen aus dem US-Satiremagazin Mad wie von den französischen Kollegen. Durch die Begegnung mit René Goscinny stieß Gotlib 1965 zum Magazin Pilote. Für eine diskrete Note des Selbstspotts sorgte hier der kleine Marienkäfer, der zuverlässig durch die Zeichnungen spaziert. In den Siebzigern lancierte Gotlib eigene Magazine, L'Écho des Sava nes 1972 zusammen mit Claire Bretécher und 1975 Fluide glacial. Die Bissigkeit der Parodie und die Freude an Blasphemie waren jedoch nie Selbstzweck, sondern behandelten stets die sich aufdrängenden Zeitfragen.

Gotlib wurde schon zu Lebzeiten zu einem heiteren Halbgott des französischen Comics. 1991 erhielt er den Grand Prix des Comic-Festivals in Angoulême, und ein Jahr später wurde ihm dort auch ein Denkmal errichtet, das die Legende trägt: "Deconum Rex" - König der Albernheit. Auch in den letzten Jahren behielten seine Striche und Pointen unter der Oberfläche der Altersweisheit weiterhin ihre unvermindert ätzende Wirkung. In Le Vésinet bei Paris ist der Zeichner nun zweiundachtzigjährig gestorben.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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