Nachruf:Die schwarze Königin

Lesezeit: 2 min

Tupac Shakur machte seine Mutter Afeni mit "Dear Mama" zur Hip-Hop-Ikone, lang davor schrieb diese Black-Panther-Geschichte.

Von Jonathan Fischer

"Selbst als Crack-Abhängige warst du noch eine schwarze Königin, Mama/. . . du hast immer gekämpft, eine arme schwarze Sozialhilfeempfängerin . . ./ ich kann das nie zurückgeben, aber ich möchte wenigstens zeigen, dass ich dich verstehe .

. ." Diese Zeilen aus Tupacs 1995er-Superhit "Dear Mama" machten Afeni Shakur zur Hip-Hop-Ikone. Wenn der Sohn auch mit "Thug Life"-Tattoo auf der Brust zum weltweit gefeierten Gangsta-Rapper aufstieg, dann war es der Einfluss der Mutter, der seine andere Seite - die des Frauenverstehers und Bürgerrechtsaktivisten - in ihm wachhielt. Afeni Shakur hatte schon Black-Power-Geschichte geschrieben, als die ärmere Hälfte New Yorks noch von Heroin-Kingpins regiert wurden und Hip-Hop bestenfalls Assoziationen mit gummibandhüpfenden Mädchen weckte. Eigentlich hieß sie ja Alice Faye Williams. Als sie in den 60er-Jahren in der Bronx aufwuchs, träumte sie davon, Schauspielerin zu werden. Bis sie Malcolm X und Eldridge Cleaver sprechen hörte: "Ihre Worte gaben mir Nahrung, Hoffnung und Träume." Williams afrikanisierte ihren Namen. Und servierte armen schwarzen Schulkinder Essen in den Frühstücksküchen der Black Panther Party.

"Ich habe viele der wichtigsten Lektionen über das Mannsein von Afeni gelernt", schreibt Black Panther-Kollege Jamal Joseph, der spätere Patenonkel von Tupac Shakur. "Sie lehrte uns, Wort zu halten, für unsere Kinder zu sorgen, Frauen als gleichberechtigt zu respektieren und auch Zeit mit älteren Menschen zu verbringen." Afeni aber "versuchte, härter als die Härtesten zu sein". 1971 kam sie als Teil der Panther 21 vor Gericht. Die Anklage: Sie habe Bombenattentate in New York geplant. Kurz vor der Geburt ihres Sohnes wurde Shakur aus der Haft entlassen.

Auf dieses "revolutionäre Vermächtnis" war Tupac stolz. Afeni schickte ihren Sohn auf die Kunsthochschule, wo er Ballett und Schauspiel lernte. Seinen Aufstieg zum Hip-Hop-Star aber bekam sie im Crack-Rausch kaum mit. Es war Tupac, der den Dealern untersagte, an sie zu verkaufen. 1991 kam sie von den Drogen los. Als ihr Sohn fünf Jahre später erschossen wurde, übernahm sie die Verwaltung seines künstlerischen Erbes, brachte ein Dutzend posthume Alben heraus, und finanzierte mit dem Erlöse Theater-Camps für unterprivilegierte Jugendliche.

Wie viel ihr am richtigen Image ihres Sohnes lag, das bewies Afeni, als sie mit wütenden E-Mails an ein Major Label dem kleinen Münchner Plattenverlag Trikont die Lizenz für einen sozialkritischen Tupac-Song verschaffte. An "All Eyez On Me", der Ende des Jahres in die Kinos kommenden Verfilmung von Tupacs Leben, wirkte sie als Produzentin mit. Nun ist sie mit 69 Jahren gestorben.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: