Nachruf:Carolee Schneeman ist gestorben

Lesezeit: 1 min

Bekannt war die US-amerikanische Künstlerin lange vor allem für eine provokante Performance, erst spät wurde ihr restliches Werk gewürdigt.

Von Catrin Lorch

"Ich wusste, dass diese Aktion alles verändern würde", erzählte Carolee Schneeman einmal bei einem Auftritt im Bonner Kunstverein, "aber ich wusste auch, dass ich das machen muss". Es war dieser Auftritt, der sie berühmt machte: Für "Interior Scroll" stellte sich die Künstlerin 1975 nackt auf einen Tisch und zog an einem Faden eine lange Botschaft aus ihrer Vagina, die sie dann verlas. Der Auftritt gilt als Meilenstein der Kunstgeschichte. Für die Künstlerin hatte er aber auch ganz direkt Folgen. Sie durfte für Professuren nicht einmal vorsprechen.

Das Werk der am Mittwoch nach langer Krankheit verstorbenen Künstlerin war aber über diesen Auftritt hinaus folgenreich für die Kunst. Denn sie hat konsequent, fröhlich und unbeugsam die feministische Kunst voran gebracht. Die im Jahr 1939 in Fox Chase, Pennsylvania geborene Carolee Schneeman studierte an der University of Illinois Malerei, gab das klassische Medium jedoch bald auf, und entwickelte als bekennende Feministin neue Kunstformen wie Videokunst, Film, Happening und Performance, Installation und Assemblage, was die Kunstwelt - anders als ihre Nacktheit - übersah.

Erst sehr spät wurde die Ausnahmekünstlerin gewürdigt, auf der Biennale in Venedig erhielt sie vor zwei Jahren einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk, ihre Arbeiten wurden von allen bedeutenden Museen der Welt angekauft. Dass sie danach im Frankfurter Museum für Moderne Kunst - endlich - in engem Zusammenhang mit Malerei gezeigt wurden, sei für sie "ein Traum", sagte sie in einem ihrer letzten Interviews, das sie mit dem Magazin Monopol führte. Dabei zeigte sie sich vor allem kämpferisch: "Feminismus ist ein Schlachtfeld, genau wie Performancekunst (...) Ich habe schon immer für die weibliche Pussy gekämpft. Jede Art von Pussy ist wichtig für mich."

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: