Musik:Interpol machen in Berlin Lust auf ihr neues Album

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Berlin (dpa) - Die New Yorker Indie-Rock Band Interpol veröffentlicht im September ihr fünftes Album "El Pintor" und stellte auf ihrem Konzert im Berliner Postbahnhof einige der neuen Songs vor.

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Berlin (dpa) - Die New Yorker Indie-Rock Band Interpol veröffentlicht im September ihr fünftes Album „El Pintor“ und stellte auf ihrem Konzert im Berliner Postbahnhof einige der neuen Songs vor.

Die Band wurde 1997 gegründet und feierte 2002 mit dem Album „Turn On The Bright Lights“ ihren Durchbruch. Der 2004er Nachfolger „Antics“ zementierte diesen Erfolg und wurde wie das Debüt mit zahlreichen Charts-und Bestenlisten-Platzierungen belohnt.

Noch im Jahr 2002 teilten sich Interpol bei ihren Auftritten in winzigen Clubs mit anderen Bands die Bühne. Einige Zeit später füllten sie bereits Locations wie das Kölner E-Werk innerhalb kürzester Zeit und zählten zu den Headlinern zahlloser Festivals.

Musikalisch wurde die Band von Beginn an immer, aber auch wirklich immer, mit den Post Punk Bands der frühen 80er Jahre, allen voran Joy Division, verglichen. Auf die Frage an Gründungsmitglied Daniel Kessler im Interview vor dem Konzert, ob gerade diese Vergleich nicht irgendwann genervt haben, antwortete er lachend: „ Oh ja, ständig! Diese Vergleiche haben mich immer gelangweilt, aber ich war deswegen nicht wütend. Ich habe diese Vergleiche akzeptiert, aber wir haben sie nie angenommen.“

Das Konzert in Berlin war neben einem weiteren in Leipzig der einzige Nicht-Festival-Auftritt in Deutschland. Bei der Popularität von Interpol war es daher nicht überraschend, dass der verhältnismäßig kleine Postbahnhof an diesem Abend restlos ausverkauft war. Laut Daniel waren die diesjährigen wenigen Indoor-Konzerte auf den für Interpol-Verhältnisse kleineren Bühnen ein durchaus reizvoller Kontrast zu den großen Festival-Auftritten. Die direkte Nähe zum Zuschauer macht ihm Spaß, allerdings sehnt er sich nicht wirklich nach den winzigen Locations der Anfangszeit zurück.

Im Berliner Postbahnhof betrat die Band pünktlich um 22 Uhr die geschmackvoll in rot und blau beleuchtete Bühne und machte den Anfang mit dem schön druckvollen Stück „Say Hello To The Angels“ vom Debütalbum. Mit den krachenden Single-Auskopplungen „Evil“ und „C'mere“ vom zweiten Album brachten Interpol das Publikum in Tanzlaune, bevor sie mit dem wunderschön sehnsuchtsvollen neuen Song „My Desire“ ein wenig das Tempo rausnahmen.

Während des gesamten Auftritts verhielt sich die Band wie gewohnt zurückhaltend. Sänger und Gitarrist Paul Banks war der einzige, der direkt mit dem Publikum kommunizierte. Er kannte dabei die üblichen konzertrelevanten Wörter, unter anderem „Dankeschön“ in der Landessprache, redete aber insgesamt nicht viel und nutzte die Zeit zwischen den Stücken, um die anderen Bandmitglieder und die Gastmusiker vorzustellen.

Gitarrist Daniel versucht sich während des Gigs als sympathischer Poser, performte dabei häufig nah am Bühnenrand und reckt bei den lauten Stellen, und wann immer er die Hände frei hatte, den rechten Zeigefinger in die Höhe wie ein schüchterner Rock’N‘Roll-Fan bei seinem ersten Konzert.

Gefragt nach seiner Idee eines perfekten Liveauftritts sagte Daniel: „Während eines Konzert tritt für mich alles andere in den Hintergrund. Ich möchte etwas aus dieser Zeit auf der Bühne machen. Die besten Liveshows waren für mich diejenigen, in denen ich während des Auftritts nicht in der Lage war, an irgendetwas zu denken. Das ist meine Idealvorstellung eines Konzerts, der ich immer hinterherjage.“

Neben Sänger Paul und Gitarrist Daniel arbeitete auch das dritte Bandmitglied Sam Fogarino im Postbahnhof am perfekten Konzerterlebnis. Der mitvierzigjährige Elder Statesman der Band knüppelte dazu souverän und druckvoll die Drums und wurde von zwei Gast-Musikern am Bass und den Keyboards unterstützt, die den Sound der Band professionell auf den Punkt brachten.

Die Band spielte an diesem Abend neben „My Desire“ zwei weitere Stücke des neuen Albums. Dies waren der Song „Anywhere“, der mit einem wunderschönen hymnischen Refrain überzeugte sowie der Album-Opener „All The Rage Back Home“, der als vermeintliche Downtempo-Nummer begann, bevor er sich nach einer knappen Minute Laufzeit für kommende Festival-Moshpits empfahl.

Zum Ende des regulären Konzertes spielten Interpol ihre Hits „PDA“ und „Slow Hands“ und brachten damit das Publikum endgültig zum Rasen. Die folgende Zugabe begann ohne längere Wartezeit mit dem überragenden Song „Lights“ in einer dröhnend verlängerten Version, gefolgt von dem erstaunlich live-geeigneten „Stella Was a Diver and She Was Always Down“ und endete würdig mit „Obstacle 1“.

Bemerkenswerterweise war an diesem Abend „Lights“ das einzige Stück, das nicht von den ersten beiden oder dem neuen Album stammte. Gerade die Songs der ersten beiden Alben haben eine solche Bekanntheit und einen solchen Stellwert, dass Interpol selbst ohne Neuveröffentlichungen auch die nächsten Jahre die Hallen füllen könnte.

Hier offenbart sich aber auch ein wenig das Dilemma, da bis auf die genannten Ausnahmen alle an diesem Abend gespielten Songs älter als 10 Jahre waren. Das ist ein beruhigendes Polster, aber eine relevante Band braucht auch die Anerkennung ihrer jüngeren Veröffentlichungen anstatt immer nur ihre Greatest Hits zu spielen.

Mit „El Pintor“ haben sich Interpol nun die Möglichkeit erarbeitet, ihr Konzert-Portfolio mit circa einem halben Dutzend weiterer Songs zu verjüngen. Die neuen Stücke haben durchweg eine hymnische und bewegende Qualität. Dieses Album hat in jedem Fall das Zeug, die Wahrnehmung von Interpol und ihrem Schaffen deutlich mehr in die Gegenwart hin zu verlagern. Die Band könnte sich und ihren Fans mit der Veröffentlichung von „El Pintor“ einen großen Gefallen tun.

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