Multi-Instrumentalist:Klänge wie Bilder

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Vom leichthändigen Spiel auf allem, was Klang macht, lebt die Musik von Martin Kälberer. (Foto: privat)

Martin Kälberer beherrscht ungefähr 200 Instrumente. Die Musik, die er damit macht, ist von unglaublicher Schönheit

Von Karl Forster

Wer glaubt, nur weil er beispielsweise Klavierspielen gelernt hat, mit diesem mattschwarz glänzenden, einer umgedrehten Schüssel mit Dellen nicht unähnlichen Instrument Musik erzeugen zu können, wird es erstaunt, möglicherweise sogar mit steigendem Selbstzweifel an der eigenen Musikalität, weglegen. Denn es ist eine ganz spezielle Kunst, einer sogenannten "Hang" die in ihr wohnenden Töne zu entlocken. Wenn dann aber ein anerkannter Meister auf dieses Instrument klopft, schwebt ein Klang im Raum von solch melancholischer Schönheit und Eleganz, dass man denkt, Taminos Zauberflöte hätte wohl Probleme, mit der Hang mitzuhalten. Womit wir bei Martin Kälberer wären, der erstens sehr fein das Klavier spielen kann, zweitens solches Können auf ungefähr 200 Instrumente auszudehnen imstande ist, drittens eine famose Anzahl von Hangs in unterschiedlichster Stimmung besitzt und viertens eins bis drei nun wieder auf einer CD zusammengefasst hat, respektive auf zweien, die in gewisser Weise komplementär zueinander stehen.

Das Doppelwerk heißt "Suono", was im Italienischen als Substantiv "Klang" bedeutet, als Verbum dann "ich spiele". Beides trifft hier perfekt zu. Denn zum einen lebt Kälberers Musik (wieder einmal) vom Zauber des rhythmisierten Klangs, zum anderen vom leichthändigen Spiel auf allem, was Klang macht. Kälberer hat eine CD nun "Vielklang" getauft, die andere "Einklang". Jede Assoziation zu Viel- oder Einfalt verbietet sich da, es geht vielmehr darum, dass Martin Kälberer auf "Vielklang" seine Lust am Verbinden diverser Klang- und Rhythmusinstrumente mittels Loops auslebt, einer Technik, mit und von der er schon lange lebt und arbeitet und die er perfektioniert hat zu einer Zeit, in der er damit noch ein Solitär war. Solitär ist er immer noch, aber nicht dank der Loops, sondern dank der Kunst, Klänge in den Raum zu stellen, als seien es Bilder in leuchtenden Farben.

Man muss jetzt nicht versuchen, die Titel der einzelnen Stücke in sie hinein- oder aus ihnen herauszuhören, sondern sollte sich einfach treiben lassen von Werk zu Werk, den Gedanken nachhängen, die dabei entstehen; vielleicht warum "Found", das erste auf "Vielfalt", an "Aranjuez mon amour" oder Chick Coreas "Spain", "Suono" dann mit seinen Vorhalten und eingängigen Harmonien an einen der besseren Wecker-Songs erinnert, hier aber auf einem Fender-Rhodes-Piano gespielt, eine wunderbare Instrumentierung, über der Kälberers Stimme dann leise schwebt wie eine Seele.

Damit legt Martin Kälberer sich selbst große Schuhe an für die zweite CD, die fast ausschließlich dem Klavierspiel gewidmet ist. Deutlich wird da, wie sehr sich linke und rechte Hand des Pianisten voneinander unterscheiden. Links gibt meist eine klare rhythmische und harmonische Linie vor, die Rechte darf dann abwandern ins freiere Musizieren und in Richtung Jazz. Was aber gleichzeitig bedeutet, dass Kälberer kein Jazzpianist ist oder zumindest hier nicht sein will, eher ein Weltenverbinder, der mal dem strengeren Konzept, mal den blauen Noten den Vorzug gibt.

Ein Wunderstück auf der "Einklang"-CD gelang dann dank der phantastischen, zerbrechlichen Stimme von Lisa Wahlandt, die "Both Sides Now" von Joni Mitchell zwischen Sonne, Wolken und Regen singt, vielharmonisch, aber dezent begleitet von Martin Kälberer am Flügel. Großes Musikantentum ist das, ohne je laut zu werden.

Martin Kälberer: Suono, Sonntag, 4. Oktober, 19 Uhr, Freiheizhalle, Rainer-Werner-Fassbinderpl. 1

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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