"Mothers" am Maxim-Gorki-Theater:Wut mit Wiegenliedern

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In unterschiedlichen Tonlagen und unterschiedlichen Lautstärken erzählen, schreien und singen Frauen unterschiedlichen Alters vom Krieg. (Foto: Bartek Warzecha)

Bedrückend, bitter und bewundernswert: Marta Górnickas Chorstück "Mothers" am Berliner Maxim-Gorki-Theater.

Von Peter Laudenbach

Am Ende der Aufführung treten sie an die Rampe, ein Chor der Geflüchteten. Einundzwanzig Frauen aus der Ukraine und politische Flüchtlinge aus Belarus, die Älteste ist 71 Jahre alt, die Jüngste ein neunjähriges Mädchen. In einem Stimmeninferno, das direkt aus der Hölle zu kommen scheint, wiederholen sie in den unterschiedlichsten Tonlagen und Lautstärken, bitter und sachlich, wütend und verzweifelt, einen einzigen Satz: "Hört zu, was dieser Krieg wirklich ist." Man sitzt als in jeder Hinsicht verwöhnter Westeuropäer beschämt im Zuschauerraum, weil man natürlich keine Ahnung davon hat, "was dieser Krieg wirklich ist". Auch das Zuhören ist nach den vielen Kriegsmonaten nicht leichter geworden, die eigene Abstumpfung ist vielleicht ein gesunder Selbstschutz oder einfach nur bequem, oder beides. Der Chor der Geflüchteten auf der Bühne steht für die Menschen, die sich dieses Abschalten nicht leisten können, weil der Krieg seit 21 Monaten jeden Tag ihres Lebens bestimmt. Auch diese Diskrepanz der Erfahrung zwischen Bühne und Zuschauerraum macht die Aufführung im Berliner Maxim-Gorki-Theater so beklemmend und bewegend, wie es vielleicht nur das Theater kann.

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