Messebericht:Der Schweizer Orbis pictus

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Auf der internationalen Kinderbuchmesse in Bologna präsentierte sich die Schweiz mit Bilderbüchern, die von der künstlerischen Vielfalt der Kulturen leben.

Von Roswitha Budeus-Budde

Eine rote Plastikkuh mit weißem Kreuz auf dem Bauch, mitten im historischen Studentenviertel in Bologna, war das Signal für den Auftritt des Gastlandes Schweiz auf der 56. Internationalen Kinderbuchmesse. Und die große Illustratorenschau im Eingang wurde geschickt genutzt, um sich mit der Viersprachigkeit als weltoffen zu repräsentieren. Auf einem Parcours waren 26 Stände mit je einem Buchstaben aus dem Alphabet und einem passenden Begriff aus einem Bilderbuch zu sehen. Ein schweizerischer Orbis pictus, in allen Landessprachen und in Englisch. Hans Ten Doornkaat, Verleger beim Atlantis-Verlag, war einer der Kuratoren. "Wir haben uns auch Scherze geleistet. Die Schweiz hat ja den Ruf, pünktlich und eloquent zu sein. Darum haben wir zu dem Begriff quick eine Schnecke gesetzt, aus dem Bilderbuch ,mutig, mutig', von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Das ist pure Ironie, als Spiel zwischen der eigentlichen und gemeinten Wahrheit". Herwig Bitsche, Verleger bei NordSüd, dem größten Schweizer Kinderbuchverlag, sieht die Sprachenvielfalt als ein Phänomen, "das es nicht immer leichter, aber die Welt bunter macht. Die kulturellen Unterschiede sind beträchtlich. In dieser Hinsicht wurde in Bologna vielleicht ein Samen gesetzt, der den zukünftigen Austausch von Kinderbüchern zwischen den Sprachgruppen befördert."

Die Messe in Bologna wächst ständig und kooperiert mit der New York Rights Fair und der China Shanghai International Childrens Book Fair. Sie sieht sich als internationaler Marktplatz der Jugendkultur. So wurden neben den bewährten Veranstaltungen im Illustratoren- und Autorencafé Diskussionsrunden zum Thema "Frauen in der Kinderliteratur", zur Bedeutung der Blogger und zu den digitalen Spielformen der Kinder- und Jugendliteratur angeboten. Ein neuer Bilderbuchtrend will jetzt schon die Kleinsten, von null, von Geburt an bis zu 3 Jahren erreichen. Aufgaben für eine neue junge Generation von Illustratoren, die die Messe überfluteten und ihre Mappen den Verlagen zeigten.

In den deutschen Verlagen - in einer neuen, binnen eines Jahres erbauten Halle, wo allerdings Imbiss und Toiletten noch in der Planung waren - wurde über die schwierige Situation der Jugendliteratur diskutiert, die auch durch den geplanten Digitalpakt der Bundesregierung für die Schulen nicht einfacher wird. Soll man trotz der sinkenden Leserzahlen nicht aufgeben und mit bewährten Autoren und über Blogger und Internetwerbung versuchen, die Leser zu erreichen? Oder die Altersangaben senken, wie es Oetinger versucht und die Jugendliteratur schon für ältere Kinder bereithalten? Renate Reichstein, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen, gab sich kämpferisch: "Lassen wir uns nicht abschaffen, sondern erfinden wir uns neu".

Dani Landolf, Vorsitzender des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbandes, war zufrieden. Nach einer schwierigen Planungsphase - der Buchhandelsverband war skeptisch: "Kinderbuchautoren und Verlage sind zu wenig anerkannt" - konnte der Messeauftritt in Bologna die Schweizer Buch- und Kulturszene von der Bedeutung der Literatur überzeugen. "Es war so eine Art Erweckungserlebnis für die Branche. Sie hat gemerkt, es ist mehr als nur Kinderbuch, es ist Kunst und ein wichtiger Markt".

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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