Marilyn Monroe wird 80:Die Frau, die viel mehr war

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Ein blondes Dummchen, das Präsidenten verführte und sich mit 36 Jahren selbst tötete. Dieser Satz fällt einem ein, wenn über Marilyn Monroe gesprochen wird. Dabei war sie viel mehr.

Jürgen Schmieder

Über Marilyn Monroe wurde schon alles gesagt. Und dann wird diese Frau auch noch 80 Jahre alt. Und dann soll sie gewürdigt werden. Und dann soll ein Aspekt gefunden werden, den noch niemand beachtet hat. Alles klar, kein Problem.

Man könnte nun aufzählen, warum sie als Ikone der 50er Jahre gilt, warum sie noch heute als erotischte Frau des 20. Jahrhunderts gilt, obwohl ihre Körpermaße nicht dem heutigen Schönheitsideal entspricht. Man könnte an ihrem Beispiel die Rezeptur erklären, wie man einen bleibenden Eindruck hinterlässt im kulturellen Bewusstsein. Man könnte die Umstände ihres frühen Todes aufrollen. Oder man versucht, einen neuen Zugang zu finden und über etwas erwähnen, das nicht in jedem Text vorkommt.

Ihre schauspielerischen Fähigkeiten zum Beispiel. Da fallen selbst dem geneigten Filmfan oft nur wenige Szenen ein: Der Moment aus "Das verflixte siebte Jahr" zum Beispiel, in dem ihr Rock von einer Windböe angehoben wird. Kaum ein Wort darüber, dass sie nicht nur - um es mit Billy Wilder zu sagen - Flesh Impact (er meinte damit, dass die Kinozuschauer, wenn sie ihre Hans ausstreckten, es sich anfühlen würde, als würden sie warmes Fleisch berühren) hatte, sondern eine begnadete Schauspielerin war, die sogar singen und tanzen konnte.

Doch davon wird kaum gesprochen. Es gibt auch keine Restrospektive, die ihre Fähigkeiten gewürdigt hätte. Statt dessen wird sie abgefrühstückt in Reihen wie "Traumfrauen der 50er Jahre", die in diesem Jahr auf der Berlinale lief. Dort wurde sie in eine Reihe gestellt mit Doris Day und Brigitte Bardot. Auch keine schlechten Darstellerinnen, mit der Qualität von Marilyn Monroe konnten sie es nicht aufnehmen.

Um Marilyn Monroe gerecht zu werden, ist es vielleicht sogar nötig, Teile ihres Images zu entkräften. Vielleicht mag tatsächlich viel mit ihrem frühen Tod und der ungeklärten Todesursache zusammenhängen. Aber nur weil Marilyn Monroe im Alter von 36 Jahren starb, ist sie nicht zu vergleichen mit Kurt Kobain und James Dean, zwei Prominente, die ebenfalls früh aus dem Leben gingen.

Kobain zum Beispiel veröffentlichte mit seiner Band Nirvana gerade einmal drei Platten. Nach seinem Tod kamen mehr Tonträger auf dem Markt als zu Lebzeiten, im Munzinger-Archiv gibt es keinen Eintrag zu dem Sänger. Ähnlich James Dean: er wirkte in drei Hollywood-Filmen als Hauptdarsteller mit, der Wirbel um seine Person begann erst nach seinem Tod.

Und genau hier liegt der Unterschied zu Marilyn Monroe und genaus deshalb darf es niemals eine Bildergalerie mit früh verstorbenen Prominenten geben. Marilyn Monroe war eine der wenigen Personen, denen die Ehre der Mystifizierung schon zu Lebzeiten zuteil wurde.

Sie spielte in 30 Filmen mit, arbeitete mit Sir Laurence Olivier zusammen, war mit dem Schriftsteller Arthur Miller verheiratet. Als sie im Mai 1962 "Happy Birthday, Mr. President" im Madison Square Garden in New York ins Mikrofon hauchte, wurde es landesweit im Fernsehen übertragen.

Sie war niemand, der versuchte, das Image, das ihr zu Lebzeiten anheftete, zu forcieren. Statt dessen kämpfte sie dagegen an. Und hier spielt tatsächlich der frühe Tod eine Rolle. Viele Schauspieler können erst spät ihr Image des Sexsymbols ablegen, wenn sie Charakterrollen spielen dürfen. Robert Redford ist ein Beispiel dafür, auch Kim Basinger.

Das Image selbst hat mit dem Tod am 5. August 1962 nicht das Geringste zu tun. Sie wäre auch zur "sexiest woman of the century" gewählt worden, wenn sie heute noch leben würde.

Und doch: Würde sie heute noch leben, hätte sie schon vor vielen Jahren den Oscar für ihr Lebenswerk bekommen. Eine Ehre, die Brigitte Bardot beispielsweise nie zuteil wurde.

Der frühe Tod hat sicherlich das Image von "MM" bestimmt. Sie jedoch allein darauf zu reduzieren, wäre fatal und würde einer begnadeten Schauspielerin nicht gerecht werden.

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