Literaturfilm:Scrooge und ich

Lesezeit: 1 min

Das Filmdrama "Charles Dickens - Der Mann, der Weihnachten erfand" spekuliert, was den berühmten Autor im Jahr 1843 zu seinem "Christmas Charol" inspirierte. Es findet sich alles in seiner Biografie, wenn man dem Film glaubt.

Von Jesper Klein

London 1843: Der Erfolgsautor Charles Dickens, schwer überschuldet, braucht dringend einen neuen Hit. Niemand glaubt an seine Idee, eine Weihnachtsgeschichte herauszubringen, aber er beharrt darauf, und weil Weihnachten in sechs Wochen ist, ringt er um Inspiration. Das ist der Ausgangspunkt des Kostümfilms "Charles Dickens - Der Mann, der Weihnachten erfand." Allzu schwer ringt Dan Stevens, bekannt aus "Downton Abbey", als Dickens allerdings nicht. Denn man weiß ja, es wird schon klappen.

Natürlich geht es hier um die Genese des legendären "Christmas Carol", der für viele heute untrennbar zum Fest dazugehört. Und so lässt sich der Regisseur Bharat Nalluri die Chance nicht entgehen, auch szenisch dabei zu sein, wenn Figuren wie Ebenezer Scrooge oder die Geister der Weihnacht aus Dickens Imagination entspringen, mit dem Autor reden, ihm sogar seine Geschichte diktieren.

Es ist bekannt, dass sich Dickens seinen Figuren verbunden fühlte und Unterhaltungen mit ihnen führte. Der Film beharrt dann allerdings recht einseitig darauf, alle Inspiration direkt aus Dickens' Biografie abzuleiten: Der klamme Vater etwa, der einst im Schuldgefängnis saß, soll die Hartherzigkeit des erfolgreichen Sohns erklären, der damit selbst eine Art Scrooge wird. Die Läuterung des alten Geizkragens fällt dann auch wunderbar zusammen mit der Reifung des Autors, der lernt, seinem Vater zu vergeben. Weil hier aber auf Biegen und Brechen Reales und Fiktives verkoppelt wird, leiden schlussendlich beide Teile der Geschichte: der dokumentarische und der märchenhafte. Dass Charles Dickens en passant auch noch zum "Erfinder" des Weihnachtsfests wird, ist sogar ein bisschen anmaßend - oder, wie Scrooge es sagen würde: Humbug.

The Man Who Invented Christmas , Irland/Kanada 2017 - Regie: Bharat Nalluri. Buch: Susan Coyne. Kamera: Ben Smithard. Mit: Dan Stevens, Christopher Plummer, Morfydd Clark. KSM, 105 Minuten.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: