Literatur:Wunderwelten

Lesezeit: 1 min

Der Schriftsteller Pierre Jarawan mit seinem neuen Roman

"Alles pulsiert, alles leuchtet. Beirut bei Nacht, diese funkelnde Schönheit, ein Diadem aus flirrenden Lichtern, ein Band aus Atemlosigkeit. Schon als Kind liebte ich die Vorstellung, einmal hier zu sein. Doch jetzt steckt mir dieses Messer zwischen den Rippen, und der Schmerz schießt in meinen Brustkorb, dass ich nicht mal schreien kann." So beginnt der Prolog von Pierre Jarawans Roman "Am Ende bleiben die Zedern", der am 1. März 2016 im Berlin Verlag erscheinen wird. Das ist eine wichtige Wegmarke in seinerSchreib-Karriere und es spricht daher vieles dafür, dass dies ein gutes Jahr für Jarawan wird.

2015 war allerdings auch schon ziemlich erfolgreich für den jungen Autor, der 1985 in Jordanien geboren wurde, als kleines Kind nach Deutschland kam und seit einigen Jahren in München lebt: ein mit 6000 Euro dotiertes Literaturstipendium der Stadt München für seinen werdenden Roman. Aus dem Nichts tauchte dieser Text jedoch mitnichten auf: Denn Jarawan hat bereits eine beeindruckend vielseitige Entwicklung hinter sich. Er hat Anglistik und Germanistik sowie Theater-, Film- und Fernsehkritik an der Bayerischen Theater-Akademie in München studiert, und er hat bereits mehr als 500 Mal als Slampoet auf den verschiedensten Bühnen gestanden. Auch beim Literaturfest, für das er einen Schreibkurs mit jungen Flüchtlingen leitete, konnte man ihn erst kürzlich erleben.

Nun also der erste Roman, der ihn im kommenden Jahr ziemlich in Atem halten wird. Die ersten Lesungen fürs Frühjahr sind schon ausgemacht: Bern, Hamburg, Aachen, Schwabmünchen, Kirchheim unter Teck, Karlsruhe. Nicht schlecht für den Anfang. Und München? Wird Jarawan ganz sicher auch nicht auslassen. Dann wird man mehr über den jungen Samir erfahren, einen in Deutschland lebenden Libanesen, der sich in der alten Heimat auf die Suche nach seinem Vater macht. Der Vater scheint für Jarawan selbst sehr prägend gewesen zu sein; von dessen Fabulierlust sei er inspiriert worden, mit 13 sein erstes Gedicht zu schreiben. "Alle Söhne lieben ihre Väter", zitiert ihn die Verlags-Website. "Aber ich habe meinen verehrt. Weil er mich mitnahm in die Wunderwelten seiner Geschichten." Jetzt erfindet der Sohn seine eigenen Wunderwelten.

© SZ vom 31.12.2015 / A.W. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: