Literatur:Im Kreisverkehr der Künste

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Viel leerer Raum zum Denken: Moritz Wiegand (links) und Lukas Kubina von Sorry Press auf ihrer Zuschauertribüne. (Foto: Jan A. Staiger)

Der Verlag Sorry Press bespielt einen Raum mit dem Duo CPWH

Von Antje Weber

Sorry, hier darf keiner rein: Hinter Tür 417 wird beim Tag der offenen Tür erst noch heftig gewerkelt. Kommt man später wieder, verheißt draußen ein Aufkleber "Alles, was du willst!" Und drinnen stehen mehr als zwei Sorrys im Raum: Moritz Wiegand und Lukas Kubina von Sorry Press umringen mit Winston Hampel von CPWH einen Tisch, das einzige Möbelstück neben einer langen Sitztribüne. Diese drei, eigentlich vier Kreativen wollen ihren nur mit Logos dekorierten Raum gemeinsam bespielen. Denn sie haben sich überlegt: "Zusammen macht das Sinn."

Sorry Press, das steht für einen noch recht neuen Independent-Verlag. Seine "Positionierung bestimmt sich im Kreisverkehr von Kunst, Gegenwartsliteratur und Design fortlaufend neu", ist auf der "SP CE"-Webseite zu lesen. Die beiden Verleger "glauben an das Buch, Inhalt und Design und vertreten eine zeitgemäße Praxis und couragierte Haltung". So cool wie das klingt, so sympathisch wirken die Verleger im ersten Positionierungsgespräch. Moritz Wiegand hat einige Jahre als Grafikdesigner im Büro von Mirko Borsche gearbeitet; Lukas Kubina bezeichnet sich als "Texter und Konzepter", und "Renaissancemensch" ist er auch noch.

Mit seinem ersten Roman begann die verlegerische Zusammenarbeit, denn Wiegand gestaltete Kubinas Buch, das als eine Art Kunstobjekt unter anderem in "Concept Stores" erhältlich ist. Es ist wirklich auffallend schön gestaltet: Von weitem sichtbar leuchtet es in knalligem Rot, unterbrochen nur vom Titel "Cerebro Frito" in grünen Lettern. Es ist eine "Chronik der Schande", wie der Untertitel ergänzt; die Handlung spielt im Sommer aller Sommer, den der Held und seine Freunde 2015 bei wilden Bar-Events an der Isar verbracht haben. Der München- und Szene-Roman ist mit einigem Beobachtungsfuror geschrieben, und das trotz schwerer Katererscheinungen: "Cerebro Frito" heißt im Spanischen "frittiertes Gehirn".

Jetzt aber ist Winter in München, und die Hirne wirken gut gekühlt. Denn zusammen mit CPWH hat die Sorry Press einiges vor; man stellt sich eine Art "Think Tank" im großen Raum auf der Nordseite vor. CPWH setzt sich dabei aus den Initialen des Architekten und Hochschullehrers Winston Hampel und der Produktdesignerin Caroline Perret zusammen. Ihr Fokus liegt auf "spatial design", einer relativ neuen Richtung der Raumgestaltung. Um Gestaltung in vielerlei Form geht es ja auch bei Sorry Press, unter anderem bietet sie seit kurzem "Sorry Services" an. Zusammen wollen die vier aber nicht nur über gemeinsame Projekte nachdenken, sondern hier eventuell auch einem Schriftsteller einen temporären Arbeitsplatz bieten.

Dafür seien sie gerade mit dem PEN in Kontakt, erzählt Kubina. Der unterhalte für sein Programm "Writers in Exile" ja zwei Wohnungen für geflüchtete Autoren in München, vielleicht könne man sogar zusammen ein Buchprojekt entwickeln. Eine weitere Idee ist, die Macher eines jungen Magazins aus Kiew einzuladen. Wer weiß? Auf alle Fälle wollen sie Lesungen veranstalten, und damit fangen sie gleich an. Die erste Aktion am Tag der offenen Tür ist eine "Lesung ohne Autor": Jeder Vorbeischlendernde, der ein Kapitel aus einem der bisher zwei Bücher von Sorry Press vorliest, bekommt danach das Buch geschenkt. Eine erste Leserin setzt sich schon erwartungsvoll in Positur: Es kann losgehen in Raum 417.

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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