Literatur:Hildebrandts Hinterlassenschaft

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Dieter Hildebrandt, gestorben 2013, war Jahrzehnte lang der Inbegriff des politischen Kabaretts. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Monacensia erwirbt das geistige Erbe des Kabarettisten sowie das Archiv der Lach- und Schießgesellschaft

Von Michael Zirnstein, München

Zwei Umzugskisten und zwei kleine Kartons - es klingt nicht nach einem großen Schatz, den die Monacensia da gehoben hat. Auf das Volumen kommt es nicht an, vielmehr auf das, was die 13 Leitz-Ordner, Mappen, Dokumente und Blätter darin enthalten: das geistige Vermächtnis Dieter Hildebrandts, 250 kabarettistische Texte, Laudationes, Reden, Kritiken, Interviews, Porträts, Urkunden, Preise, Korrespondenz mit Verlagen, Schriftstellern, Kulturschaffenden, Politikern und Freunden. Renate Hildebrandt, die Witwe des vor vier Jahren gestorbenen "unerreichten Übervaters des deutschen Kabaretts" (so Kulturreferent Hans-Georg Küppers), hat den literarischen Nachlass nun der Monacensia für eine ungenannte Summe vermacht.

Till Hoffmann, Betreiber der Lach- und Schießgesellschaft, die Hildebrandt 1956 zusammen mit Sammy Drechsel gegründet hat, findet das "toll". Auch das Archiv des "unbestritten besten und wirkmächtigsten politischen Kabaretts in Deutschland" (Küppers) übernimmt nun die Monacensia. Der Umfang dieser lückenlosen Dokumentation des Ensembles inklusive der Fernsehformate wie "Scheibenwischer" ist weitaus größer: 46 Kartons, 18 Metallboxen, zwei Koffer, eine Bast-Truhe und mehr voller Fotos, Programmhefte, Tonbänder und Requisiten wie "komischen Instrumenten" füllten drei Zimmer in der alten Wohnung Sammy Drechsels über dem Schwabinger Lokal, ehe das Archiv nach Passau verlagert werden musste. Der Verkauf entlaste die Lach- und Schießgesellschaft, "allein was das an Miete kostete", sagt Hoffmann, wobei es ihm nicht ums Geld gegangen sei. "Es ist gut, dass das alles in München bleibt, in guten Händen und im guten Umfeld von Jörg Hube."

Den selben Fehler wie bei Karl Valentin, dessen Nachlass man dereinst Köln überließ, will die Stadt nicht noch einmal machen. "Das Kabarettarchiv in Mainz war am Lach-und-Schieß-Erbe interessiert, und Berlin an Hildebrandt", sagt Till Hoffmann. Das Interesse an dem Nachlässen sei stets groß gewesen, berichtet Hoffmann, immer wieder seien Studenten vorbeigekommen, die Arbeiten über Hildebrandt geschrieben haben. Die Monacensia, das literarische Archiv der Stadt München, wird die Dokumente nun aufbereiten, digitalisieren, öffentlich zugänglich machen und möglicherweise in einer Ausstellung zeigen, die sicher auf überregionales Interesse stoßen würde.

Soeben hat die Monacensia auch den literarischen Vorlass des in Starnberg lebenden Philosophen und Politologen Johano Strasser exklusiv erworben. Dazu gehören nicht nur die bisherigen Sachbücher, Romane, Gedichte, Satiren, Theaterstücke oder die Zeitschrift L 80, die der ehemalige PEN-Präsident mit Günter Grass und Heinrich Böll herausgab, sondern auch alle noch entstehenden Werke.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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