Literatur:Das Lächeln des Dichters

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Der Seerosenkreis feiert 70 Jahre Bestehen

Von Antje Weber, München

"In der Traumstadt ist ein Lächeln stehn geblieben; / niemand weiß, wem es gehört." Niemand? Eingeweihte wissen es durchaus. Sie erkennen, dass mit diesen Zeilen eines der Traumstadtgedichte von Peter Paul Althaus beginnt. Sie ahnen, dass das Lächeln womöglich ihm selbst gehört haben könnte, dem Schwabinger Schriftsteller und Kabarettisten. Kann sein, dass sie sogar wissen, dass er unter anderem 1948 einer der Gründer des Seerosenkreises war. Vielleicht engagieren sie sich in diesem Kreis, als Künstler, als Autoren, oder sie besuchen dessen Veranstaltungen. Am 2. Juli ist die nächste: Dann feiert der literarische Zweig der Seerose sich selbst - und damit 70 Jahre Bestehen.

Peter Paul Althaus hat die Geschichte Schwabings bis zur Gründung der Seerose 1958 so beschrieben: Zunächst habe es das Goldene Zeitalter Schwabings gegeben, vor dem Ersten Weltkrieg. Nach einem Silbernen Zeitalter mit unter anderen Joachim Ringelnatz sei dann das Eiszeitalter ausgebrochen, "in dem die Schwabinger und Schwabing für suspekt gehalten wurden". Schließlich, nach dem Zweiten Weltkrieg, war "alles wüst und leer. Nur etwas blühte noch, und zwar im Verborgenen; kein Veilchen, sondern die Seerose". Althaus meinte damit eine "kleine Vorstadtkneipe", die für ihn und andere Dichter, Bildhauer, Maler und Musiker zur "Wiedergeburtsstätte Schwabings" wurde.

So begann es also, mit einem Stammtisch in der "Seerose", Ecke Feilitzsch-/Gunezrainerstraße. In eben jenem Haus hatte Thomas Mann fast ein halbes Jahrhundert zuvor an seinen "Buddenbrooks" geschrieben. So etwas und manches mehr weiß Brigitta Rambeck, die seit 2004 den literarischen Zweig des Seerosenkreises leitet und zum Jubiläum einiges Material zusammengetragen hat. Natürlich fehlt darin auch der Maler und Galerist Oswald Malura nicht; er eröffnete nach dem Krieg inmitten von Ruinen eine erste Galerie, stellte als erster Werke der "Gruppe Spur" aus - und richtete auch eine Ausstellung zum zehnten Jahrestag der "Seerose" aus.

Selbst wenn sich noch viel erzählen ließe über die Entwicklung dieses Zusammenschlusses von Künstlern und Literaten: Wichtiger ist, dass in der Gegenwart ist immer noch viel Engagement spürbar ist. Anhand von Ausstellungen und Themenabenden, die - meist im Künstlerhaus - von der Liebe handeln, der Räterepublik oder der komplexen Frage: "Wer ist das Volk?" Inspiriert und umgesetzt wurden sie in den vergangenen Jahren von Leuten wie Barbara Bronnen, Gert Heidenreich, Anatol Regnier, Asta Scheib oder Michael Skasa. Und jüngere Mitglieder wie Julia Cortis, Fridolin Schley, Thomas Lang oder Thomas Steierer sorgen dafür, dass die Seerose auch eine Zukunft hat. "Kunst ist Leben - Leben ist Kunst", das Motto des Fests passt jedenfalls. Und falls irgendwo ein Lächeln herumhängt: Nicht wundern, es gehört dazu.

70 Jahre Seerose ; Feier der Literaten, Montag, 2. Juli, 19.30 Uhr, Künstlerhaus, Lenbachplatz 8

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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