Kurzkritik:Zeitloses Musikgemenge

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Die Songwriterin Amy Macdonald in der Tonhalle

Von Ralf Dombrowski, München

"Ich erinnere mich", sagt Amy Macdonald, "hier war ich schon einmal, es war ähnlich heiß auf der Bühne. Und ich erinnere mich auch, weil ich damals einen schrecklichen Kater hatte." Sie lächelt ein wenig, fügt hinzu, dass sie sich so freue, wieder hier zu sein und natürlich ihre beste Show spielen werde. Die Sätze wirken mit Bedacht, aber nicht routiniert gewählt, in breitem, für Schulenglisch-Versteher grenzwertigem Schottisch, und werden über den Abend hinweg noch durch viele kleine Geschichten ergänzt.

Amy Macdonald mag es, mit dem Publikum zu scherzen, und es passt zu ihrer Musik, die sich ähnlich unverkrampft beim Folk und Songwriter-Pop bedient, ohne dabei oberflächlich zu werden. "Ich habe einen altmodischen Musikgeschmack", sagt sie, "doch wenn ich das Radio anschalte, höre ich nur dieses Boom, Boom, Boom. Wenn es nach mir ginge, bräuchte es mehr Gitarren und weniger Computer in der Musik". Spricht's und stimmt das einzige Cover des Abends an, ihren Lieblingssong "Listen To The Music" von den Doobie Brothers. Das passt ins Konzept eines Konzerts, das viele Lieder wie "Automatic", "Prepare To Fall" oder "Down By The Water" ihres neuen, nach fünf Jahren Pause entstandenen Albums "Under Stars" präsentiert, ansonsten aber durch die Ausgewogenheit der poppigen Stimmungslage auffällt, die den Menschen in der Tonhalle das Gefühl gibt, abseits der Dudeleien des Alltags an einem Kuschelmoment popmusikalischer Ursprünglichkeit teilzuhaben.

Die kraftvolle, präsente Stimme Amy Macdonalds, die effektvollen, sich an Mustern des Folkrocks orientierenden Arrangements, eine Band, die versiert und ohne Eitelkeiten auftritt, und ein Repertoire dezent melancholischer, grundlegende Gefühlslagen reflektierender Lieder verbinden sich zu einem sympathischen Musikgemenge, das genau so schon vor zehn Jahren hätte stattfinden oder noch in einem Jahrzehnt so klingen könnte. Amy Macdonald nennt es altmodisch, man kann auch zeitlos dazu sagen.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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