Kurzkritik:Wunderbar gerundet

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Wagners "Rheingold" glänzt bei den Opernfestspielen

Von Klaus Kalchschmid, München

Immer wieder ist dieser Beginn, wenn man das Nationaltheater zu einem "Rheingold" betritt, paradiesisch schön: Weißgekleidete Mittzwanziger lagern zum Picknick auf der Bühne, später entkleiden sie sich und bemalen den fast nackten Körper blau, bevor sie bei Einsatz der Musik pärchenweise fließend am Boden sich bewegen und den Rhein darstellen Andreas Kriegenburgs Inszenierung und Zenta Haerters Choreographie sind nie wieder so poetisch und zwingend wie hier. Ein letztes Mal dirigiert Kirill Petrenko einen Münchner "Ring" und während er bescheiden auf sein Orchester weist, trifft ihn gigantisch aufbrandender Applaus. Was aus dem Graben tönte, war vom Feinsten: Klar, trennscharf, plastisch und doch - nicht zuletzt in den großartigen Blechbläsern - stets wunderbar gerundet. Flüssiges, pointiertes Konversations-Stück und große Orchesterfantasie - bei Petrenko gibt es die Verschmelzung aus beidem. John Lundgren als Alberich wurde ebenfalls mit tosendem Applaus gefeiert. Aber wann hat man auch seine Verfluchung des Rings mit einer so faszinierenden Mischung aus Würde, Wut und tiefer Verletzung gehört und gesehen. Wie recht der Mann doch hat und wie verderbt dieser Wotan ist. Bei Wolfgang Koch klingt er denkbar knorrig, verbissen und gar nicht souverän selbstherrlich. Der wendige, spöttische Loge des Norbert Ernst stiehlt ihm im roten Anzug und mit flexiblem Tenor die Schau. Und dann nervt da noch Gattin Fricka, die Wotan permanent kritisiert und hinterfragt, auch wenn Ekaterina Gubanova wohltuend wenig zickig agiert.

Die Riesen sind mit Alexander Tsymbalyuk und Ain Anger bassgewaltig besetzt, Hanna-Elisabeth Müller, Rachael Wilson und Jennifer Johnston haben so eigenständig klangvolle Stimmen, dass sie als Rheintöchter-Terzett nicht immer homogen klingen. Und dann ist da Okka von der Damerau als grandios warm orakelnde Erda inmitten von jungen Männern, die wie bleiche Trolle kauernd um sie herum scharwenzeln.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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