Kurzkritik:Witz ohne Worte

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"Der Widerspenstigen Zähmung" getanzt

Von Rita Argauer, München

Lustiges ist schwierig zu vermitteln. Schon die Vorlage zu John Crankos "Der Widerspenstigen Zähmung" enthält einen Witz, den Shakespeare ausschließlich durch Sprache erzeugte. Für die sprachlose Kunstform Tanz setzt Cranko besonders in dieser Choreografie auf pantomimische Komik, die aber auch leicht ins Lächerliche kippen kann. Besonders die drei Freier haben es da schwer. Sie sind die Witzfiguren des Abends, auch in der 126. Münchner Aufführung des Stücks, mit der das Bayerische Staatsballett seine Spielzeit eröffnet.

Die langjährigen Kompanie-Mitglieder Tigran Mikayelyan, Javier Amo und Jonah Cook geben als Freier ihr jeweiliges Rollendebüt. Amo gestaltet den schrägen Sänger Gremio mit punktgenauem Witz, Mikayelyans selbstverliebter Hortensio ist überzeugend schmierig. Einzig das Paar des neu zum Ersten Solisten ernannten Jonah Cook und seiner angebeteten Bianca bleibt etwas einseitig. Toll tanzt Elizaveta Kruteleva flirrend verliebt als Bianca, eine wirkliche Entwicklung der Rollen über die jugendlich Liebenden hinaus gelingt den beiden jedoch nicht. Anders ist das bei Ksenia Ryzhkova in der Titelpartie. Es spricht für Igor Zelensky, dass er diese so zart und fein scheinende Tänzerin auch in härteren Rollen besetzt. Zuletzt als Aegina in "Spartacus", nun als die widerspenstige Katharina.

Ryzhkova hat Talent, das über das Tänzerische hinaus geht. Ihr Trotz und ihre Wut bleiben kein slapstickartiges Abbild. Ryzhkova stürmt, tritt und prügelt, so dass es lustig ist, sie ihre Figur aber nie ins Lächerliche zerrt. An ihrer Seite Yonah Acosta, der als Erster Solist aus London nach München wechselte und als besoffener Petrucchio torkelnde Pirouetten dreht, die gleichzeitig von stechender Balance sind. Das Bayerische Staatsballett präsentiert sich weiterhin als technische Spitzentruppe. Toll wäre es, wenn das Repertoire nun auch wieder um kühl-elegante Stücke wie "Artifact" oder "Choreartium" ergänzt würde.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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