Kurzkritik:Wisch und weg

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Mario Barths Humor funktioniert, hält aber nicht lange vor

Von Oliver Hochkeppel, München

Meist lässt sich Kabarett und Comedy nicht auseinanderdividieren. Für die Definition einer Trennlinie waren nun die beiden Abende von Mario Barth in der Olympiahalle aufschlussreich. Danach mochte man es so formulieren: Ein Kabarettist hat meistens ein Anliegen, mindestens ein Problem. Der Comedian Mario Barth hat ein Geschäftsmodell und kein Problem. Es läuft ja wie geschmiert. Mit gut 116 000 Besuchern einer Vorstellung im Berliner Olympiastadion ist er Comedy-Weltrekordhalter, auch die Münchner Olympiahalle war zweimal ausverkauft.

Dieser Erfolg liegt wohl zuallererst am "Einer-von-uns"-Gefühl. Dafür arbeitet Barth konsequent mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Auf der Bühne gibt es ihn, den Normalo-Berliner, und seine Freundin, dann seine Kumpels und deren Freundinnen, das war's. Und dann geht es bei dieser minimalen menschlichen Versuchsanordnung fast nur um ein einziges Thema: den kleinen Unterschied. Männer sind Techniker und lieben Autos, Frauen sind auf Optik fixiert und lieben Schuhe; Männer sind wehleidig, Frauen eher erbarmungslos; Männer "machen" Freizeitparks, Frauen Dildopartys. Das Klischee kann gar nicht abgegriffen genug sein, als dass Barth damit nicht spielen würde, wohlgemerkt spielen, nie aufbrechen.

Arzt- oder Zoobesuch, Urlaubsreise, Einkaufen - auch die Projektionsfläche für Barths modernen Herrenwitz in etlichen Variationen ist denkbar schlicht. Solche Witze erzählen kann er freilich wie kein anderer, das Timing ist perfekt, auch die Darstellung des Proll-Berliners, -Sachsen oder -Rheinländers. Mit bewährten Tricks steuert er das eher nicht an komplexe humoristische Strukturen gewohnte Publikum. So ist Barths mit Filmteaser und Pyrotechnik begleiteter Auftritt durchaus witzig. Aber eine Stunde danach weiß man nicht mehr, über was man gelacht hat. Barth liefert Küchenrollen-Komik: Wisch-und-weg ist's vorbei, ohne dass irgendetwas hätte eindringen können. Flecken- und folgenlos, sozusagen.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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