Kurzkritik:Voll vernetzt

Das Pop-Kollektiv "Superorganism" im Technikum

Von Martin Pfnür, München

"Buckle up!", fordern die verpixelten Computerspiel-Lettern auf der überdimensionierten Leinwand hinter der Bühne, als der siebenköpfige musikalische Superorganismus davor zum Leben erwacht. "Schnallt euch an!" Das mag angesichts der sonnenbebrillten Erscheinung von Sängerin Orono Noguchi, deren Alter man spontan auf zehn Jahre schätzen würde (tatsächlich ist sie bereits 18), eher putzig wirken - und doch erfährt der giftgrüne Hinweis alsbald seine Berechtigung.

Keine zehn Minuten nämlich braucht das mittlerweile in London beheimatete neuseeländisch-japanisch-südkoreanisch-australisch-englische Kollektiv Superorganism, um das Publikum im Technikum via Synthie, Drums, Gitarre und dreistimmigem Backing-Gesang auf Temperatur zu bringen. Zu tun hat diese Instant-Wirkung neben dem überdrehten digital-analogen Party-Charakter der Stücke vor allem auch damit, dass die Band den Nerv einer Generation trifft, für die das World Wide Web seit jeher einen elementaren Lebensbestandteil darstellt. Primär per Daten-Austausch im Rahmen eines weltumspannenden Aufnahme-Projekts entstanden, spiegelt sich in diesen vor Samples zwischen Spoken Word, Froschquaken oder beherzten Apfelbissen nur so überquellenden Songs die witzige, unschuldige, chaotisch-kreative Schokoladenseite des Netzes wider, die auf diesem Konzert mit ausgeprägtem Hang zur Tierliebe gefeiert wird.

Wo an anderer Stelle Nilpferde, Wale oder Garnelen ihren großen Leinwandauftritt bekommen, rauschen zu "Everybody Wants To Be Famous" die berüchtigt klickträchtigen Katzenbilder über den Bildschirm, während Noguchi mit lakonischer Stimme zu verhallten Surfgitarren-Sprengseln und wabernden Synthie-Sounds davon träumt, ihr Gesicht auf jedem Bildschirm dieser Welt zu sehen. Schade nur, dass diese höchst unterhaltsame Multimedia-Sause nach gut 40 Minuten schon wieder vorbei ist - da wäre auch im Zeitalter der verkürzten Aufmerksamkeitsspanne mehr drin gewesen.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: