Kurzkritik:Unglaublich

Die Pop-Band "Pur" und Max Giesinger in der Olympiahalle

Von Stefan Sommer, München

Hartmut Engler heult. Wie ein Indianer aus einer Karl-May-Verfilmung fuchtelt er mit der Hand vor seinem aufgerissenen Mund und stößt aggressive Urlaute aus. Konsequent kostümiert für sein Kriegsgeheul trägt Häuptling Engler indianischen Kopfschmuck - dazu ein Jeanshemd und Laufschuhe. Die Choreografie für "Wo sind all die Indianer hin" ist am Mittwochabend in der Olympiahalle das große Finale einer Aneinanderreihung unglaublicher Ereignisse.

Nur zehn Minuten früher: Das zähe Konzert nimmt eine dramatische Wendung, als der Sänger der baden-württembergischen Band Pur einen Song der neuen Platte "Zwischen den Welten" anstimmt. "Ich hab Affen im Kopf, Affen im Kopf. Affen die mich umzingeln, die mich ohne Vorwarnung anspringen." Während der Technobeat des Stücks voranballert, beginnt ein Affe auf der gigantischen Videoleinwand über Engler wie John Travolta im Film "Saturday Night Fever" zu tanzen. Sekunden später kesseln vier als Affen Kostümierte den Frontmann ein. Und im nächsten Moment tritt Max Giesinger hinzu. Ja, Max Giesinger. In einer innigen Performance treten beide gemeinsam den Weg ins Abenteuerland an und ja, dieser Eintritt kostet alle Anwesenden den Verstand. Letzter Akt: Engler bittet nach einem langen, klugen Monolog über die Flüchtlingskrise einen Pur-Fan mit Down-Syndrom auf die Bühne. Hand in Hand singen sie sein Lieblingslied. Als der junge Mann fröhlich ins Mikro summt, brandet Jubel auf - eine Stimmung zwischen WM-Finale und Weltweihnachtszirkus.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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