Kurzkritik:Überraschung

Lesezeit: 1 min

Doherty & Barât liefern mit den "Libertines" ein solides Konzert ab

Von Jürgen Moises, München

Sie sind es wirklich! Pete Doherty und Carl Barât, gemeinsam auf der Bühne der Zenith-Halle. Und mit "Barbarians" vom neuen Album "Anthems For Doomed Youth" geht das erste München-Konzert der Libertines seit mehr als zehn Jahren vielversprechend los. Guter Song, gut ausgewählt für einen Opener, und das Ganze auch noch nach einer überschaubaren Wartezeit um Punkt halb zehn. Respekt! Die neuen alten, zuverlässigen Libertines? Ein Versprechen für das München-Konzert der Engländer war schon das neue, wirklich gute Album, und auch all das, was es von bisherigen Konzerten nach der Wiedervereinigung der Indie-Helden zu lesen gab: Fans, die in London dermaßen ausrasten, dass es gleich Verletzte gibt. Pete Doherty und Carl Barât, die sich beim deutschen Tournee-Auftakt in Berlin grinsend und tanzend in den Armen liegen. All das erwartet man nun natürlich auch in der gut gefüllten, aber keineswegs ausverkauften Zenith-Halle.

Aber: Irgendwie springt der Funke nicht so richtig über. Nicht ins Publikum, nicht zwischen Pete und Carl. Dabei geht es mit Songs wie "Heart of the Matter" doch gut weiter. Die schrammeligen Gitarrenriffs und der Wechsel-Gesang von Barât und Doherty, die treibenden Schlagzeug-Beats von Gary Powell und John Hassalls solide Bassläufe. All das ist da. Erst bei "Can't Stand Me Now", sagt einem das Gefühl, geht ein wirklicher Ruck durchs Publikum, der sich dann noch ein paar Mal wiederholt. Insgesamt stellt sich aber doch eher das vage Gefühl von einer, nennen wir es mal: angezogenen Handbremse ein. Ist das der Kater nach der Berliner Euphorie? Oder sind das nur die eigenen Erwartungen? Denn ein Libertines-Konzert - braucht das nicht mehr Exzess, mehr Überraschungen, mehr Wahnsinn?

Was es jedenfalls im Exzess gibt, das sind tolle Songs wie "The Man Who Would Be King" oder "What Katie Did". Und das eineinhalb Stunden lang, mit ein paar kleinen Patzern, die bei den Libertines einfach dazu gehören. Kein Absturz, aber auch keine wahren Höhenflüge, sondern meist irgendwas Solides dazwischen. Für neue Legenden taugt so etwas natürlich nicht. Aber: einfach ein gutes und solides Rockkonzert der Libertines? Das ist für sich genommen auch schon beinahe eine Überraschung.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: