Man muss davon ausgehen, dass Udo Jürgens das alles so abgesegnet hätte. Schließlich war er an der Entwicklung von "Ich war noch niemals in New York" beteiligt, das Musical, das 2007 mit 20 seiner Songs uraufgeführt wurde. Über Geschlechterklischees, bisweilen wunderliche Kostüme und abenteuerliche dramaturgische Übergänge darf man sich also nicht ärgern. Über den schlecht gemischten Ton im Deutschen Theater, der die Solisten und den Chor grell und oft unverständlich klingen lässt, allerdings schon. Man darf sich auch ärgern über die Bühne, die zu klein geraten wirkt für die große Reise, auf die sich ein Seniorenpaar begibt. Maria und Otto brechen aus dem Pflegeheim aus, um mit dem Schiff nach New York zu fahren. Ihre Kinder, eine turbogestresste TV-Moderatorin, die sich nach Liebe sehnt (eher kühl: Sarah Schütz), und der Wochenend-Vater Axel (mit Herz und Talent gespielt von Karim Khawatmi) reisen ihnen hinterher - und verlieben sich natürlich. Die Handlung einer durchschnittlichen "Traumschiff"-Folge.
Doch zum Glück gibt es die wunderbare Musik von Udo Jürgens, die den Abend veredelt. Dem Zauber von "Immer wieder geht die Sonne auf", "In meinem Herzen" oder dem Titelsong "Ich war noch niemals in New York" sind Darsteller und Publikum chancenlos ausgeliefert, sie feiern gemeinsam Momente der Rührung und der Ausgelassenheit. So bleibt am Ende zwar das Gefühl, einen Udo-Jürgens-Tribute-Abend erlebt zu haben, das ganze Drumherum aber nicht wirklich zu brauchen. Bemerkenswert ist aber der Auftritt der 79-jährigen Ellen Kessler, die als resolute Seniorin Maria übers Deck wuselt. Dann ist da noch Andreas Bieber, der den schwulen Fred spielt und das Lied vom "Ehrenwerten Haus" und "Griechischer Wein" großartig und würdig performt. Bieber ist der geborene Musicalsänger, dem zuzusehen eine Freude ist, weil er selbst am meisten Freude hat, bei dem, was er tut.