Kurzkritik:Typischer als das Original

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Steve Hackett, ehemals "Genesis", mit neuer Band

Von DIRK WAGNER, München

Diskussionen darüber, ob Genesis mit ihrem Sänger Peter Gabriel besser geklungen hat als später mit Phil Collins (der im übrigen eh schon zu Gabriels Zeiten mit dabei war) nannte der Kolumnist Max Goldt mal ein Beispiel für modernen Aberglauben. Dabei könnte man die Qualitätsunterschiede der Band viel deutlicher daran festmachen, von wann an der Gitarrist Steve Hackett in ihr mitwirkte.

Hackett, der Genesis 1977 schließlich verließ, hatte bereits 1975 sein erstes Solo-Album veröffentlicht, so dass der erste Teil seines Konzerts im bestuhlten Circus Krone einen Querschnitt aus seinem nunmehr vierzigjährigen Solo-Schaffen offeriert. Dass seine Werke dabei durchaus auch an die Hits von Genesis erinnern, verdeutlicht, wie stilprägend Hackett für jene Band war.

Solche Erkenntnis rechtfertigt im zweiten Teil des Konzerts einen neuen Blick auf die dargebotenen Klassiker von Genesis. Auf "The Musical Box" zum Beispiel vom 1971er Album "Nursery Cryme" oder auf "Get 'em out by Friday" vom Folgealbum "Foxtrott". Obwohl Sänger Nad Sylvan vortrefflich den Gesang von Peter Gabriel mit all den Nuancen seiner Stimme zu imitieren weiß, und obwohl der ebenfalls singende Schlagzeuger Gary O'Toole mit seiner Melone einen wunderbaren Phil Collins gibt, verschwinden deren einst die Musik dominierenden Beiträge nun hinter Hacketts Gitarrenspiel. Der fegt nicht selten im Solo sein Plektrum über mehrere Saiten, um so einen schnelleren Anschlag zu simulieren. Außerdem schlägt er die Saiten am Gitarrenhals mit den aufsetzenden Fingerkuppen seiner Greifhand an. Vor allem aber gewinnt er, mit verschiedenen technischen Effekten, seiner Gitarre zahlreiche, unterschiedliche Klangfarben ab.

Bei ihm darf die Gitarre auch mal wie das Klimpern einer Spieldose klingen. Das erscheint nur um so verwirrender, als zur gleichen Zeit Roger Kings Keyboardspiel den Klang einer Gitarre simuliert. Beruhigend warm und vertraut klingt dazu allerdings Rob Townsends Flötenspiel. So ist Steve Hackett mit dieser Band schließlich mehr Genesis, als es Genesis selbst am Ende seiner Ära noch war.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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