Kurzkritik:Tanzbares Update

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Türkische Lieder im neuen Gewand: "Altin Gün" in der Milla

Von Jürgen Moises, München

"Die Welt ist eine Schenke in einer Schenke", so heißt es so ungefähr in "Goca Dünya", einem Lied, das der tükische Sänger Erkin Koray im Jahr 1972 eingesungen hat. Alternativ könnte man vielleicht sagen: Die Welt ist eine Karawanserei, in der die Seele nur zu Gast ist, bevor sie dann nach Lebensende an die nächste Station weiterzieht. So wie auch "Goca Dünya", die "große alte Welt", ihr neues Zuhause gefunden hat: im Repertoire von Altin Gün. Die 2006 in Amsterdam gegründete Band hat sich auf türkische Popmusik der Siebziger spezialisiert und covert Stücke von Musikern wie Koray, Neset Ertais oder Selda Bagcan, die türkische Musiktraditionen mit westlichen Rock-Elementen verknüpft haben.

In der ausverkauften Milla waren sie nun mit Liedern ihres Debütalbums "On" zu erleben sowie mit einigen neuen Songs, die einen Vorgeschmack auf das am 26. April erscheinende Nachfolgewerk gaben. Sie allesamt eint das Bestreben, die meist leicht oder auch stärker psychedelisch angehauchten Songs durch eine Prise Funk, Krautrock, Wah-Wah-Gitarren und Orgel-Sounds in die Jetztzeit zu hieven. Das gelingt dem Sextett, das über eine Facebook-Annonce des Bassisten Jasper Verhulst zusammengefunden hat und zu dem neben ihm die Sängerin Merve Dasdemir, der Sänger, Saz- und Keyboard-Spieler Erdinc Yildiz Ecevit sowie Gino Groeneveld und Nick Mauskovic an Percussion und Schlagzeug gehören, auf Platte wirklich gut. Und live sogar noch etwas besser.

In der Milla liefern sie eine genauso komplexe wie tanzbare Mischung ab, die mit ihren Arabesken und Verzierungen Schnittstellen zur arabischen und lateinamerikanischen Musik, zum Balkan und zum Dancefloor bietet. Und die nicht nur eine türkischstämmige, sondern eine relativ breite Hörerschaft anspricht. Die Sängerin Merve Dasdemir weiß zudem, wie man die Leute anfeuert, so dass man gegen Ende des etwa einstündigen Konzerts fast das komplette Publikum von der Bühne bis zur Theke tanzen sieht.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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