Vor kurzem hat das junge Frankfurter Aris-Quartett ( Katharina Wildermuth und Noémi Zipperling, Violinen; Caspar Vinzens, Viola; Lukas Sieber, Violoncello) in München den August-Everding-Wettbewerb gewonnen. Der Eindruck war damals der eines Ensembles, das noch ein wenig al fresco spielt, aber instrumentaltechnisch auf der Höhe ist, phrasierungssicher und mutig an die Werke herangeht. Der jetzige "echte" Auftritt in der Allerheiligenhofkirche mit Joseph Haydns "Quintenquartett", Paul Hindemiths op. 10 und Felix Mendelssohn Bartholdys op. 44, 2 bestätigte diese Einsichten.
Haydn nahmen sie kernig, doch insgesamt zu robust. Das klang sehr schwarz-weiß, laut-leise, es fehlten jene dynamischen Abstufungen, die das Vierergespräch erst durchhörbar machen. Es soll nicht gelispelt und gesäuselt werden, aber wenn alle bei jedem Forte gleich loslegen, bei jedem Piano gleich zart werden, wirkt das nur wie an- und abgeschaltet, und nicht lebendig erfahren. Der Cellist ist klanglich und mimisch allzu präsent. Weniger Gesichtsaufwand bietet da mehr. Der Primaria mangelte es in der Höhe noch an Rundheit und Strahlfähigkeit. Die Mittelstimmen könnten noch stärker differenzieren, damit die Klangkompaktheit verschwindet. Hindemiths Quartett von 1918 lag den "Aris"-Leuten klar besser. Rasanz, Darstellungslust und Spielfuror schaden diesem Stück nicht, das gewissermaßen Hindemiths jugendlichen Griff ins volle Komponistenleben vorführt. Das Finale fegte brausend dahin, die schrägen Schlagermelodien und die absichtlich verzögerte Schlusspointe bot man mit Witz.
Bei Mendelssohns wehmütiger Unruhe (Allegro), nervöser Kantabilität (Andante) und seiner magischen Leichtigkeit (Scherzo und Finale) wurde nochmals deutlich, dass sich dieses begabte Quartett nach Tonschönheit, Transparenz, Farbenvielfalt und kammermusikalischer Durchdringung steigern kann und muss, will es in die erste Reihe junger Streichquartette vorstoßen.