Kurzkritik:Springteufel

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Die "Imagine Dragons" in der Olympiahalle

Von Theresa Hein, München

Las Vegas, das ist diese Stadt des schönen Scheins, die in einem eigenen Kosmos existiert. Ein magischer Ort, in dem der Kajal und die Arroganz der Bands dicker aufgetragen sind als deren Musik. Die Imagine Dragons kommen aus einem anderen Las Vegas. Aus dem Las Vegas, wo man mit Jeans und T-Shirt rumläuft, einer Wohnstadt, die auch Indie-Musiker hervorbringen kann, die trotz eines Nummer-eins-Hits in den USA authentisch bleiben. Imagine Dragons haben binnen weniger Jahre den Indie-Rock so massentauglich gemacht, heben aber nicht ab.

Bald nach den ersten Songs in der Olympiahalle wird Frontmann Dan Reynolds politisch und lobt die deutsche Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge. Die Ballade "I Was Me" sei von den vielen Flüchtlingshelfern in Europa inspiriert. Das kann jetzt für authentisch halten, wer möchte. Dan Reynolds jedenfalls ist einer, der das, was er singt, tatsächlich glaubt. Der Song ist einwandfreier Indie-Pop, so mitreißend und stadiontauglich, wie "Demons", "Radioactive" und "I Bet my Life". Diese Band ist zu alt, um allzu viele Refrains vom Publikum mitgrölen zu lassen - dafür singen die Bandmitglieder selbst zu gut -, und gleichzeitig jung genug, um noch mit Freude bei der Sache zu sein. Dan Reynolds springt und tanzt, dass die kreischenden Mädchen überhaupt nicht mehr hinterherkommen, und beweist dabei trotzdem, dass seine Stimme mehr kann, als eingängigen Pop. Auch den Krawallrocker im neuen Song "Friction" kauft man ihm beinahe ab.

Der heimliche Star des Abends jedoch ist einer, der hinter Reynolds steht, und der mit funkelnden Augen für die Imagine Dragons den Bass spielt. Ben McKee heißt der kleine Mann im gestreiften T-Shirt, der vor lauter Freude über die Musik und die leuchtende Olympiahalle nur so strahlt, als hätte er nicht schon zigmal in ausverkauften Hallen und Stadien gespielt. Nicht einmal der übertriebene Dubstep-Beat kann ihm das Grinsen vom Gesicht wischen und gleich fängt er an, Feuer zu spucken. Gleich.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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