Kurzkritik:Sprache der Jugend

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Matinee der Heinz-Bosl-Stiftung im Nationaltheater

Von Rita Argauer, München

Für alle, die die stilistische Vielfalt des Bayerischen Staatsballetts unter seiner neuen Leitung vermissen, gibt es eine Alternative. Denn der Ex-Direktor der Kompanie Ivan Liška lässt mit Matinee der Heinz-Bosl-Stiftung den Geist seines Staatsballetts im Nationaltheater wieder aufleben und präsentiert klassische Technik und das Verständnis für Tradition mit einem durch und durch zeitgenössischen Bewusstsein.

So gibt es abseits der beiden Gruppenstücke, in denen alle Altersklassen der Studierenden der Ballettakademie gemeinsam auftreten, vor allem Soli und klein besetzte Gruppenstücke, die mehr als Charakterstudien denn als Technik-Schaulaufen funktionieren. Etwa der junge, aber auf ätherische Weise kraftstrotzende Tänzer Justin Rimke in Liškas "Ricercare". Besonders zeigt sich das jedoch in der Gegenüberstellung dreier Pas de deux. Zuerst präsentieren Bianca Teixeira und Benjamin Balasz ein stilisiertes Training, anschließend tanzen Emma Antrobus und Stanislaw Wegrzyn in David N. Russos "At a loss for Words" zur Indie-verträumten Streicher-Klassik Ólafur Arnalds' eine modern impulsgetriebene, aber in sich gekehrte Liebesgeschichte im Blütenmeer. Dass Liška mit Katherina Markowskaia und Maxim Chashchegorov für Terence Kohlers Stück "Transcendent" zwei Gäste engagierte, die bis zur vergangenen Saison als Solisten im Staatsballett engagiert waren, ist ebenfalls ein Blick in seine eigene jüngste Vergangenheit als Direktor dieser Kompanie. Ein Blick, der sich rein künstlerisch mehr an der Gegenwart orientiert als Igor Zelenskys aktuelle Repertoire-Schwerpunkte.

Das bestätigt sich dann auch im letzten Stück: Richard Siegal zeigt launig-anachronistische "Preludes" zur Musik von George Gershwin. Disco-Wechselschritte treffen hier auf Charleston und hoch motivierte Tänzer der Juniorkompanie. Siegal spreche die Sprache der Jugend, erklärt Liška zu Beginn. Aber Liška selbst ist es, der dieser Sprache immer wieder eine große Bühne gibt.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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