Kurzkritik:Spirituelles Fest

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Ibeyi feiern im Technikum Geburtstag

Von Martin Pfnür, München

Wenn Musiker ihre Konzerte auf Facebook vor- und nachbereiten, dann ist das immer eine ganz nette Sache. Mal wird betont, wie sehr man sich schon freut, mal wird per Video demonstriert, wie super das gerade war. Es geht ums Anheizen, ums Teilen des Erlebten - im Pop-Kontext gar nicht mal so doof.

"See you tonight at Technikum, to celebrate our birthday together", schrieben die französisch-kubanischen Zwillingsschwestern Lisa-Kaindé und Naomi Díaz einige Stunden, bevor sie die Bühne betraten, und es war schon eine Schau, wie unmittelbar sich das bemerkbar machte. Keine fünf Minuten waren vergangen, die Zwillinge hatten sich eben a cappella warm gesungen und zündeten ein paar Kerzen an (was sie primär aus spirituellen Gründen tun), da schallte ihnen auch schon ein Ständchen aus dem Publikum entgegen.

Man kann diese spontane Sympathie-Bekundung durchaus nachvollziehen. Ibeyi kreieren eine wunderbar innovative Musik, deren Quellen sowohl im Kontemporären (etwa im R&B und in der Elektronik) als auch im Traditionellen liegen. Ihr Vater Miguel "Angá" Díaz steuerte an den Congas seinen Teil zum Ruhm des Buena Vista Social Club bei; Ibeyi ehren ihn, indem sie ihren Sound mit einer perkussiven Prägung versehen. Und wenngleich die 21-Jährigen ihre Stücke auf Englisch schreiben, hört man auf ihrem Debüt immer wieder Gesänge auf Yoruba, einer westafrikanischen Sprache, die im Zuge des Sklavenhandels auch Kuba erreichte. Ibeyi, das heißt auf Yoruba "Zwilling".

Im Technikum erklangen die modernen Spirituals des Duos auf bemerkenswert feinteilige, rhythmisch akzentuierte Weise. Kein Ton, der einem da entgangen wäre. Während Lisa-Kaindé am Keyboard die Songstrukturen ausbreitete, klopfte sich Schwester Naomi mit großer Verve durch ihr Percussion-Arsenal, das sie mit einem Drumcomputer variierte. Meist am Cajón, oft an den Congas, einmal auch mit ihrem Oberkörper als Klangerzeuger. Am Ende gab es Kuchen, wurden Kerzen ausgepustet, wurde mit "River" ein Gospel-Chant intoniert, das noch lange im Kopf nachhallte. "I will come to your river", sangen Ibeyi zu satter R&B-Rhythmik. "Wash my soul", sang das Publikum. Ein Finale, spiritueller als jeder Gottesdienst.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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