Kurzkritik:Sieg der Transparenz

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ARD-Wettbewerb: Alle vier Klavierduos werden im Finale geehrt

Von Rita Argauer, München

Interpretationsweisen sind immer auch Geschmack und Zeitgeist. Und den hat die Jury im Finale Klavierduo beim ARD-Wettbewerb im Herkulessaal mit ihrer Siegerkür ganz gut erkannt. Verloren aber hatte trotzdem keiner. Alle acht Kandidaten, die im Finale gegeneinander angetreten waren, wurden honoriert, in dem zwei zweite Plätze vergeben wurden.

Die gingen an das südkoreanische Duo Shin/Park und an die georgischen Zwillinge Nia und Ani Sulkhanishvili. Und das völlig zu Recht. Denn im direkten Vergleich (alle vier Duos spielten zusammen mit BR-Symphonieorchester Mozarts Konzert für zwei Klaviere in Es-Dur) zeigten diese zwei Duos eine völlig konträre Herangehensweise an die Musik, die bei beiden nicht in Gänze überzeugte, aber dennoch eine künstlerische Nachvollziehbarkeit hatte: Sangwook Park und Mijung Shin spielten unter der Leitung von Jun Märkl opernhaft verspielt und legten einen hübsch verzierten und dramaturgisch stimmigen Weg zurück. Doch technisch war Shin sicherer als Park - was immer wieder den Unterschied der beiden über ihre musikalische Interpretation schob. Ani und Nia Sulkhanishvili hingegen spielten schwesterlich zusammengeschweißt, doch was die Georgierinnen auszeichnete, war ihr Mut, ungewöhnliche Akzente zu setzen. Bitter und kühl spielten sie Mozart, mit einer modernen Strenge. Doch dieser Interpretation fehlte es dann doch ein wenig an Dramaturgie, während im anspruchsvollen Finale auch immer wieder die technische Bewältigung in den Vordergrund rückte.

Der erste und dritte Platz hingegen hätten auch vertauscht sein können. Doch die Jury entschied wie das Publikum und wählte das bulgarisch-russische Ehepaar Alina Shalamova und Nikolay Shalamov auf Platz Eins (die auch mit dem Preis für die beste Interpretation des Auftragswerks ausgezeichnet wurden). Letztlich erscheint diese Entscheidung auch als Interpretationsgeschmack. Denn die somit drittplatzierten Lok Ping und Lok Ting Chau musizierten schon wie im Semi-Finale mit faszinierend präzisen Phrasierungen und beeindruckender Genauigkeit. Doch sie spielten eben auch etwas süß, fast oberflächlich. Das Duo Shalamov hingegen trat mit klassischer Strenge auf. Und irgendwo trafen sie Mozart damit am besten. Denn: Verspieltes (wie vom Duo Shin/Park in den Vordergrund gesetzt) liegt in der Komposition genauso wie Süßes (den Aspekt den die Chau-Schwestern im Fokus hatten). Die klassische Strenge der Shalamovs gab Mozarts Musik hingegen den meisten Raum, sich in ihrer Vielfältigkeit zu zeigen und zu changieren. Und anders als im Semi-Finale nahmen sich die Künstler diesmal in der Lautstärke zurück.

Eine Entscheidung also für das Duo, das die Komposition am transparentesten abzubilden wusste. Und das ist der Zeit, in der zum Beispiel Julia Fischer mit einer ähnlichen Haltung alle Violinkonzerte Mozarts aufführte und die historische Aufführungspraxis auch bei nicht historisch Aufführenden mitgedacht wird, durchaus entsprechend.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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