Kurzkritik:Schräger Rahmen

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Symphoniker und Radio String Quartet

Von Paul Schäufele, München

Programmabende in allen Ehren. Aber so ganz aufgegangen ist das hier nicht. "Feuer" ist das Motto des Abends mit den Münchner Symphonikern unter Kevin John Edusei und seinen Gästen, dem Radio String Quartet. Entsprechend elementar ist die Erwartungshaltung. Aber die Kombination aus Haydn, Neuem Streichquartett und Strawinsky wirkt da etwas konstruiert. Und dann kommen die Akzente im Kopfsatz der Haydnschen Feuer-Symphonie (Nummer 59) auch noch so verschlafen, dass man kaum versteht, wer hier einmal Funken sprühen gehört hat. Erst im Finale sind die Musiker spielbereit. Mit Esprit und Schwung musiziert, knistert es da endlich.

Für die Uraufführung von "Les couleurs du feu" - das Wiener Quartett schrieb die sechssätzige Komposition im Auftrag der Symphoniker - wünschte man sich einen anderen Einstieg. Denn mit Joseph Haydn hat das nichts zu tun; diese Traditionslinie wird von diesem Ensemble einfach ausgeblendet. Stattdessen präsentieren die vier Musiker ihren eigenen Sound, der unter anderem Elemente aus Jazzrock, Minimal Music und Filmmusik kombiniert. So werden über im Orchester ausgebreiteten Klangflächen Mini-Variationen einer Melodielinie gespielt, rhythmische Patterns langsam aufgebaut und durch Erweiterung der "regulären" Klangmöglichkeiten eines Quartetts ergänzt, auch mit elektronischen Hilfsmitteln: die Geige als E-Gitarre, das Cello als Bassdrum, dazu die Stimmen der Musiker. Das Ergebnis ist verblüffend. Das Radio String Quartet konstruiert einen musikalischen Raum, in dem zarte, melancholische Strukturen ebenso möglich sind wie mitreißender Klangrausch.

Die Münchner Symphoniker passen sich ideal in dieses Tonmassiv ein. Für eine dramaturgisch ausgewogene Interpretation der "Feuervogel"-Suite ist danach jedoch kaum Platz. Die diffizile Partitur zerfällt in schöne Stellen - die aber gibt es, etwa die humorig-brillant gespielte Episode vom Spiel der Prinzessinnen mit den goldenen Früchten. So wirkt der Abend im Ganzen unausgeglichen: ein schräg gezimmerter Rahmen um eine faszinierende Mitte.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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