Kurzkritik:Schnell zu erkennen

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Fulminant: Mario Roms "Interzone" in der Unterfahrt

Von Oliver Hochkeppel, München

Rumms. Kein Intro, kein Vorgeplänkel, das österreichische Trio Interzone legt in der Unterfahrt los wie die Feuerwehr. Im klassischen Bebop-Modus fliegt Lukas Kranzlbinder über die Saiten seines Basses, legt Herbert Pirker am Schlagzeug einen furios feinnervigen, mit Doppelschlägen beschleunigten, trotzdem immer mit der Melodie korrespondierenden Rhythmusteppich aus, malt der Trompeter und Bandleader Mario Rom flirrende Melodielinien in den Raum.

Was ganz klassisch beginnt, bekommt freilich rasch einen parodistischen Unterton, wechselt Farbe, Tempo und Takt, lässt mal osteuropäischen Bläser-Melos oder arabische Girlanden (Kranzlbinder schlug dabei seinen Bass mit Mallets an, was dann wie eine Kanoun klang), mal ein paar Walzertakte einfließen, simuliert elektronische Klänge und zieht sich immer wieder auf Minimal-Music-Cluster zurück, um dann von ihnen aus überraschende Jazz-Ausbrüche zu starten. "Everything Is Permitted" hieß ihr vorheriges Album, was viele Kritiker dann sehr wörtlich nahmen. Dabei aber den Schmäh und die Doppeldeutigkeit übersahen, die diese Musik ebenso auszeichnet wie die Ansagen von Kranzlbinder. Denn, und das zeigt sich auch bei den Stücken vom neuen, dritten Album "Truth Is Simple To Consume": Bei Interzone ist überhaupt nicht alles erlaubt. Zwar werden, wie es im aktuellen Jazz die Norm ist, die verschiedensten Elemente verwendet, aber viel rigider dem eigenen Sound unterworfen als bei den meisten anderen Bands. Das Ganze zudem in atemberaubend virtuoser Spieltechnik. Deshalb erkennt man Interzone nach wenigen Takten. Was der wichtigste Grund für den außergewöhnlichen Erfolg sein dürfte.

Das Publikum in der Unterfahrt war aus dem Häuschen, erlebte es doch eine der schönsten Blüten des blühenden jungen österreichischen Jazz. Alle drei Bandmitglieder mischen auch in vielen andern Formationen mit. Somit sind sie, kurz gesagt: die vielversprechende Zukunft des europäischen Jazz.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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