Exzellente Streichquartett-Formationen sind in dieser Stadt gerade häufig zu sehen, spielen aber nicht nur im Herkulessaal, sondern etwa im Instituto Cervantes (wie das Cuarteto Casals) oder in der Allerheiligen Hofkirche, wo jetzt das Kuss-Quartett zu Gast war. Vielleicht waren die drei Männer und eine Frau - als Primaria - zu mutig mit ihrem höchst originellen, anspruchsvollen Programm, aber für das leider überschaubare Publikum war es ein eminent bereichernder Abend.
Das Kuss-Quartett stellte sein Programm unter das Motto "Unspoken Words" und begann mit der pausenlosen Verschränkung von Teilen aus Joseph Haydns "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz" mit Sätzen aus Harrison Birtwistles "Pulse Shadows" und Thomas Adès' "Arcadiana" (Tango mortale, O Albion, Lethe). So wurden die Meditationen des Klassikers ins 21. Jahrhundert weitergedacht und oftmals freitonal aufgeraut. Das war nicht nur ein spannendes Konzept, sondern wurde auch kompetent vielschichtig umgesetzt, vielleicht manchmal allzu bedacht auf die Verbindlichkeit der Klänge. Ludwig van Beethovens spätes a-Moll-Quartett op. 132 ist in seiner asymmetrischen Fünfsätzigkeit schon in sich zerklüftet, hat aber dann auch noch den gut viertelstündigen "Dankgesang eines Genesenen an die Hoffnung in der lydi-schen Tonart" zum Zentrum. Beethoven komponierte ihn nach einer lebensbedrohlichen gesundheitlichen Krise und schuf damit noch weit vor Friedrich Smetanas erstem oder Leoš Janáčeks zweitem Quartett eine faszinierende autobiografische Reflexion. Man kann sich die langsamen Teile dieses Satzes geheimnisvoll schwebender vorstellen, aber insgesamt bot das Kuss-Quartett eine reife, differenzierte Leistung auf hohem Niveau.
Am 7. April spielt innerhalb des Zyklus "Vier im roten Kreis" von "Musikerlebnis" das junge deutsche Vison String Quartet in der Allerheiligen Hofkirche Schubert, Debussy sowie Standards aus Rock, Pop und Jazz.