Die Wohnung ist frisch renoviert und bis ins Detail geschmackvoll eingerichtet. Doch als Frau K. nach Hause kommt, sind schon welche da. Einfach, weil die Tür offen war. Es sind die Zuschauer, die in Burchard Dabinnus' "Hör.Spiel.Performance über Alltagsrassismus" die Rolle der unverhofften Gäste übernehmen. "Reste von gestern" benutzt das Wohnen als Metapher für die nationale, religiöse oder private Komfortzone, die man teilt und verteidigt, wenn die "Fremdlinge" kommen. Und gleich so viele! Ist es nun gerechter, keinem was zu geben von dem Essen, das höchstens für drei reicht? Und warum spielt sich dieser eine Gast mal als Moralapostel und mal als Tabubrecher auf?
Arno Friedrich ist der Mann von Draußen, der nicht fragt, ob er rauchen darf und politisch unkorrekte Witze erzählt. Während das Radio zwischen alten Schlagern und den nach über 20 Jahren noch immer schockierenden Details vom Brandanschlag auf das Lichtenhagener Asylbewerberheim "einen kleinen netten Flüchtlingsjungen" ankündigt, zeigt uns diese unberechenbare Figur, dass es weder die Natur noch die Pflicht des Fremden ist, uns zu gefallen.
Zwischen dem Willen zu Toleranz und Hilfsbereitschaft und der Pflicht zur Sorge für sich selbst nimmt einen die pfiffige, teils etwas kurzatmige Szenen- und Zitate-Collage in die Zwickmühle. Wenn auch nicht richtig fest. Der Vorschlag, die Besucher zur Nacht auf der Terrasse übereinander zu schichten, wird nicht real werden. Was dagegen Himmler zur germanischen Rasse und Kant zur "Wirtbarkeit" sagte, spielt eine Weile mit Hass-Posts oder wohlmeinenden Pauschalaussagen Pingpong im eigenen Kopf und man spürt einmal mehr, was für ein Dauerkampf es ist, sich mit seiner Meinung und seinem Handeln dort zu positionieren, wo man es zwischen den "Resten von gestern" und den Herausforderungen von morgen zumindest mit sich selbst aushält.