So sehr Mozart-Solostücke zu jeder Klavierausbildung gehören, im Konzertbetrieb bleibt davon wenig übrig. Umso schöner, sowohl den Pianisten Jonathan Plowright als auch Mozarts Zwölf Variationen über "Ah! vous dirai-je, Maman" in der Allerheiligen Hofkirche zu hören: Plowright spielt mit ruhiger Übersicht, elegant, transparent, aber dezidiert. Hier wird auf dem Fazioli keine getupfte Hammerflügelästhetik nachempfunden, sondern mit dichtem, vollem Ton musiziert.
Noch besser als zu Mozart passt der zu Brahms' Sieben Fantasien op. 116. Deren vollgriffiger Klaviersatz liegt Plowright hervorragend - doch nicht, um zu schwelgen, sondern, um ihn mit klaren Konturen zu entschlüsseln, die üppige Virtuosität stets kontrolliert. Herrlich ist, wie hell und sanft zugleich er singende Oberstimmen leuchten, aber nie die anderen Klangereignisse überstrahlen lässt. Das ist auch bei Chopins Es-Dur-Nocturne op. 9 Nr. 2 und der Ballade Nr. 3 nicht verkehrt, doch der Chopin könnte etwas befreiter singen und weniger grübeln. Busonis Klaviertranskription der Chaconne aus Bachs d-Moll-Partita BVW 1004 kündigt Plowright eigens an: Das Stück wirke, als betrachte man Bach durch ein getöntes Fenster. Schön - nur dass man durch solche Fenster nicht gut sieht. Und so ist Bachs intimer Purismus der Solovioline in der Transkription zwar nicht vollends verloren, aber oft opulent übermalt. Nun gut, Plowright spielt's hervorragend, und ohnehin wird die zweite Programmhälfte von Schumanns Carnaval op. 9 beherrscht.
Schumann zitiert hier mehrmals seinen Papillons-Klavierzyklus op. 2, liebevoll dezent das Thema, herzhaft das mühlenklappernde Finale. Ob er sein Opus 2 so vor der Busonisierung bewahrte? Jedenfalls ist der Carnaval in seiner Vielfalt der Stimmungen und der technischen Herausforderungen eine vollständige pianistische Miniaturwelt. Sie zu interpretieren, die Einzelstücke für sich und das dramaturgisch Ganze, verlangt pianistische Größe. Plowright hat sie.