Kurzkritik:Parade des Paradoxen

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"Bastille" glänzen im Zenith mit Widersprüchen

Von Stéphanie Mercier, München

Die Band Bastille liebt das Paradox. Das sagt sie zwar nicht, aber vereinnahmt ihr Publikum für dieses Spiel, das sie am Montagabend über knapp zwei Stunden hinweg durchzieht. Schon beim Betreten des Zenith steht fest, dass sich die britischen Elektro-Rocker gerne inszenieren: Auf große Leinwände projiziert, bereitet sich ein arroganter Nachrichtensprecher auf seinen Auftritt vor. Er leitet durch den Abend und führt in das Thema des zweiten Albums ein: In "Wild World" geht es um das Chaos im Hier und Jetzt, nachdem sich ihr erstes Nummer-eins-Album in Großbritannien, "Bad Blood" und ihre Hit-Single "Pompeji" 2013 größtenteils um Mythen rankten. Nach einem Nachrichten-Jingle kündigt der Sprecher die perfekt auf den Headliner abgestimmte Vorband Rationale an. Bastille machen sie zum Teil des Ganzen, ihre eigene Ansage ist nur durch das noch lautere Fan-Gekreische zu unterscheiden.

Mit dem Eröffnungsstück "Send Them Off" beginnt das Paradox: Die Single zitiert den Horrorfilm "Der Exorzist" - mit freudig-tanzbaren Tönen. Den Widerspruch lebt vor allem auch der Sänger Dan Smith: Wegen seiner Schüchternheit litt er noch im Juni auf der Bühne des Glastonbury-Festivals an Panikattacken. In München watet er durch das Publikum zu einer zusätzlichen Mittelbühne; Live-Aufnahmen und unbeholfen-aufrichtig wirkende Interaktionen mit den Fans machen ihn nahbar.

Im Konzert ersetzen Bläser die Streicher des Albums und potenzieren den gut gemischten Sound. Das Liebeslied "Fake-It" gemahnt an den aktuellen Aufschwung rechter Populisten, als synchron zum sanften Gesang der Nachrichtensprecher die Worte "Let's do our very best to fake it" aggressiv formt. Gesellschaftskritik schimmert durch viele Texte und Videos. Das Logo von Bastille, ein Dreieck, prangt über der Bühne und wird mehrmals vom verzauberten Publikum uniform mit den Fingern geformt. Als Zugabe singt Smith in "Two Evils" die Zeile: "We're not that different." Keiner ist besser.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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