Kurzkritik:Ohne Nudel

Stermann & Grissemann interpretieren Loriot

Von Oliver Hochkeppel, München

Das TV-Gesamtwerk von Vicco von Bülow, der als Loriot zum Großmeisters des bürgerlichen deutschen Humors wurde, ist seit Jahren günstig erhältlich, so gut wie jeden der legendären Sketche kann man problemlos auf Youtube anschauen. Erhebt sich also die Frage, ob man den Unnachahmlichen samt seinen nicht minder einzigartigen Partnern wie Evelyn Hamann oder Heinz Meier auf der Bühne nachspielen soll. Eine mögliche Antwort gibt das Wiener Kabarettisten- und Moderatoren-Duo Dirk Stermann und Christoph Grissemann mit "Das Ei ist hart" im Lustspielhaus: Ja, wenn man es anders macht und ausreichend Chuzpe hat.

Was damit beginnt, dass Stermann und Grissemann die Loriot-Sketche nicht direkt spielen, sondern szenisch vorlesen. Außer den Dialogen sprechen sie auch Set-Beschreibungen und Regieanweisungen, selbst "Die Nudel" kommt ganz ohne Nudel aus. Verstärkt durch das mal als Zwischenspiel, mal als Begleitung dienende Klavier von Philippine Duchateau entwickelt das ein die Fantasie anregendes Eigenleben. Und anders als der für seine Akribie berüchtigte Loriot lesen die beiden es konsequent und gezielt unvorbereitet vom Blatt. Das ergibt einige lustige Patzer und eröffnet die Möglichkeit, die eigene Darbietung zu kommentieren.

Bei einigen Sketchen, vor allem bei den ursprünglich gezeichneten, funktioniert diese Methode ausgezeichnet, andere wirken aber auch amputiert, verschenkt oder überdreht. So ertappt man sich am Ende doch, die "richtigen" Sketche von Loriot zu Hause nachkucken zu wollen. Und Stermann & Grissemann möchte man möglichst bald mit ihrem demnächst fertigen eigenen Programm "Gags, Gags, Gags" wiedersehen.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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