Kurzkritik:Nicht ganz ausgeschlafen

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Die Sängerin Malia kommt in der Unterfahrt erst spät in Fahrt

Von Oliver Hochkeppel, München

Es war einer dieser Abende, an denen man besser erst zur Pause gekommen wäre. Denn im ersten Set ihres Unterfahrt-Auftritts ließ Malia insbesondere diejenigen enttäuscht zurück, die noch ihre umjubelten früheren Gastspiele im Kopf hatten. Dabei hatte die 40-jährige, in Paris lebende Afrobritin eigentlich etwas Spannendes zu bieten: Eine - unlängst unter dem Titel "Ripples" als CD erschienene - Neubetrachtung ihres Albums "Echoes of Dreams" aus dem Jahr 2001. Liegen doch ein "Nervenzusammenbruch" (wie sie selbst erzählte), andere ernste Erkrankungen und diverse Stilwechsel dazwischen.

Dass das Ergebnis zunächst so enttäuschend war, mag auch an den angeblich nur drei Stunden Schlaf gelegen haben, zu denen Malia gekommen war. Also thronte eine zwar wie eh und je extravagante (schwarz-weiße Kombination mit Hut und High Heels), aber ziemlich überdrehte Sängerin auf einem Barhocker, intonierte schlecht, presste stark, war nicht immer in time und kraftlos in den Höhen. Aber es fehlte noch an mehr: Die vom Pianisten Alexandre Saada geschriebenen Arrangements für Klavier und drei Streicherinnen waren bieder, gleichförmig und daher fad; die Besetzungsvariante verstärkte Malias Schwächen noch.

Vielleicht hätte sie von Anfang an stehen sollen wie nach der Pause, jedenfalls kehrte so die alte Malia zurück. Brachte ihr unverwechselbares, zwischen rau und weich, zwischen bitter und süß changierendes Timbre viel besser zur Geltung, verlieh besonders ihren extrem reduzierten Standard-Interpretationen ein faszinierendes Eigenleben und wirkte nun endlich so, als würde sie auch fühlen, was sie singt. Obendrein hämmerte jetzt Saada nicht mehr nur gängige Akkorde in die Tasten, und auch die Streicherinnen durften die ausgetretenen Pfade verlassen und ein Stück auch mal pizzicato begleiten. Fürs nächste Mal also die Bitte an Malia: Mehr schlafen, bitte im Stehen singen und vielleicht doch wieder eine richtige Band als Begleitung mitbringen.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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