Dirigent Mariss Jansons erklärt es vor Beginn: In dieser Saison spielt das BR-Symphonieorchester in seinen Konzerten immer ein Überraschungsstück. Mal am Anfang, mal in der Mitte, mal am Ende. "Mal gar nicht", ruft einer aus dem Orchester. Titel und Werkerläuterung zum Einpappen ins Programmheft gibt es hinterher. Nett. Am Donnerstag im Herkulessaal klappt die Überraschung, denn die Rhapsodie "España" von Emmanuel Chabrier ist ein charmanter Auftakt zum BR-Rhapsodienabend.
Im Zentrum stehen die Werke mit dem Pianisten Denis Matsuev. Witold Lutosławskis "Variationen über ein Thema von Paganini" für Klavier und Orchester tragen die Rhapsodie zwar nicht im Titel, fügen sich aber ideal ein, filigran, fesch. Matsuev bildet diese Gegensätze bestens ab, präzise und mit Schmackes, lässt gläserne Klänge schweben. Insgesamt agiert er dabei klarer und energischer als das Orchester. Was folgt, ist eine Interpretation von Gershwins "Rhapsody in Blue" für die bleibende Erinnerung. Zwar grinsen Solist und Musiker jazzig cool aus dem Frack heraus, spielen das Stück aber kernig trocken, als sei's von Prokofjew. Die Noten seiner im Tempo denkbar frei gestalteten Soli lässt Matsuev so stark swingen, dass aus dem Swing schon wieder harte Punktierung wird. Gershwins Musik erhält dadurch ungeahnte motorische Prägnanz.
Hat diese aussagekräftige Interpretation nach der Pause eine Entsprechung? In Liszts plakativer "Ungarischer Rhapsodie" eher nicht. Durchaus aber in George Enescus frischer "Rumänischer Rhapsodie" in A-Dur op. 11 Nr. 1, vor allem aber durch die Darbietung von Ravels "Rapsodie espagnole". Die nämlich ist das glatte Gegenteil der Gershwin-Interpretation. Ravels Rhapsodie ist das subtilste Werk des Abends. Mit leisen, fein abschattierten Farbnuancen wird hier, vom reißerischen Ende abgesehen, eine wundervolle Aromatik erzeugt, der Jansons und sein Orchester liebevoll nachschnuppern.