Kurzkritik:Mit Krücke

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Kerstin Heiles und Christoph Pauli im Bayerischen Hof

Von Oliver Hochkeppel, München

Die Regisseurin Sarah Kohrs hatte sich sicher einiges ausgedacht für Kerstin Heiles' und Christoph Paulis neues Programm "Divas - Les Grandes Allures". Was dann bei der Premiere in der Komödie im Bayerischen Hof mehr oder weniger Makulatur war: Mit einer Titanplatte am Mittelfußknochen, einem klobigen Schienenschuh und Krücken kam Heiles auf die Bühne - eine Woche zuvor hatte sie sich vom Flügel hüpfend den Fuß gebrochen. Doch Heiles machte das Beste daraus. Baute die Krücken in die Choreografie ein, schwang sie wild umher oder bezog Textpassagen gestenreich und witzig auf ihren Humpelfuß. Einmal ließ sie sich vom im Publikum sitzenden Saxofonisten Chris Haller (der auch zweimal gekonnt am Sax mit einstieg) im Rollstuhl über die Bühne wirbeln.

Vielleicht war es ohnehin gar nicht schlecht, dass sich so alles ein bisschen mehr auf die Musik konzentrierte. Auf dieses gefährliche, weil sich an den Größten messende Programm zum Wunder und Wesen der Diven von Adele bis Zarah Leander, von Doris Day bis Barbra Streisand, von Marylin Monroe bis Celine Dion hatten sich beide ja lange genug vorbereitet: Heiles als Schauspielerin, Musikkabarettistin bei den "Pearl of Strings" und Solo-Sängerin mit wachsendem Diven-Bezug (ein Piaf- und ein Whitney-Houston-Programm waren die Vorgänger, aus beiden gab es als Zugabe eine Kostprobe); Pauli als klassisch wie im Jazz geschulter Pianist, Werner-Schneyder-Weggefährte und mit allen Wassern gewaschener Begleiter.

Was dann gegen alle Vorzeichen einen bezwingenden Abend ergab: Mit großem Gesang, bei dem sich Heiles stimmlich gar manchem Original überlegen zeigte; mit viel Humor - nicht zuletzt bei Paulis Parodien von männlichen Pianisten-Diven; und sogar mit einigem echten Erkenntnisgewinn, dank der mit Zitaten und Anekdoten gespickten Zwischenmoderationen. Eine runde Sache, die man am 7. und 14. Dezember auch mal im intimeren Rahmen in der Pianobar des Bayerischen Hofs erleben kann und sollte.

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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